Review

Dora Morelenbaum

Vento De Beirada

Mr Bongo • 2023

Ja, schön, das kenn ich doch, das ist was Brasilianisches aus den Siebzigern. Eine absolute faire Vermutung, wenn man Dora Morelenbaums »Vento De Beirada« hört, doch falsch liegen man tut. Dies hier ist junges, kontemporäres, taufrisches Material aus Rio. Einige kennen Dora vielleicht sogar schon: Mit Bala Desejo, einer vierköpfigen Band, hat sie bereits einen Latin Grammy gewonnen – sie gehört zu den bekanntesten neuen Stimmen der brasilianischen Szene und ist Tochter der Musikergrößen Paula und Jacques Morlenbaum, von denen man über die Nova Banda um Antônio Carlos Jobim gehört haben könnte. Jetzt also das Solodebüt der Tochter. Wo diese mit Bala Desejo der Aufstand erprobte, schlägt sie hier sehr viel ruhiger Töne an, komponiert getragene Musik: zeitlose MBP, in jeder Faser inspiriert von den Größen, namentlich Gal Costa oder Maria Bethânia in ihren sanft-sinnlichsten Momenten. Die gesamte EP erscheint mit feinstem Stoff unterm Vollmond, »Vento De Beirada« besitzt eine Eleganz, eine Diven-hafte Größe, die beeindruckt. Highlight ist das titelgebende Stück, das still schmachtend beginnt; wo sich dann die Instrumentierung verdichtet, die Bassklarinette ganz melancholisch macht, und man nach drei Minuten sicher ist, hier einen der besten brasilianischen Pop-Songs der letzten…Jahrzehnte?!… gehört zu haben.