Spröde Zeiten, kann man sagen. Besonders prickelnd ist ja alles nicht. Auch in der Musik war sie in den letzten Jahren ein wenig Mangelware, die gute, die gelungene, die nicht-ordinäre Sexyness. Jetzt wurde sie wiedergefunden – und zwar in hot-ass Dänemark. Da ist einerseits das Smerz-Album Big City Life, das leicht, verspielt und kokett an die Wäsche geht (»Baby, can I see you naked? (Please?)/Even though I love how you dress«)sowie Erika De Casiers Lifetime, das vierte Album der Dänin, das erste, das sie komplett selbst geschrieben und produziert hat.
Casier hat darauf ihren Indie-R&B in Richtung Trip-Hop-R&B modelliert, bezieht sich musikalisch durchweg auf die großen Stern-Schäferstunden der 90er; als habe Tricky Janet Jackson produziert. Es ist sinnlich, sinnlich, sinnlich. Ein Album für die »esoterischen Baddies«, beschreibt es die Rezensentin von Resident Advisor passend: Das ist der Sound, den Freundinnen-Gruppen nach einem langen Tag am Hafen von Marseille vor dem Ausgehen auf die Bluetooth-Speaker spielen.
Das Self-Empowerment ist bei de Casier keine notwendige Geste mehr, sondern komplett verinnerlicht – auch im Zwischeneinander mit den lyrischen Dus. Und so entsteht hier eine ganz neue, reif-getrennte Leichtigkeit und Freiheit im Aufeinanderzu- und -eingehen (»I can be real nice to you / it’s the easiest thing to do«). Und was wäre erotischer als das?

Lifetime