Review

Kelela

Raven

Warp • 2023

Die gute Erinnerung an eine Platte kann offenbar darüber hinwegtäuschen, dass sie nicht mehr die allerneueste ist. So geschehen bei Kelelas Debütalbum »Take Me Apart«, das immerhin schon sechs Jahre auf dem Buckel hat. Seitdem gab es zwar ein Remix-Album und ein Mixtape mit Asmara, aber »Raven« ist Kelelas erstes »richtiges« Album seitdem. Darauf hat sich einiges verändert: Ihr R&B-Ansatz fließt ruhiger als früher, lässt mit seinen Bässen auch mal die Tiefen vibrieren. Zerbrechlicher auch ihr Gesang, aber dieser Eindruck könnte auch an der Produktion liegen, die sie umgibt. Aber auch bei ihr hat der allgegenwärtige Heilungsgedanke Einzug gehalten. Was sich glücklicherweise nicht in esoterischeren Klanglösungen niederschlägt, sondern lediglich in der zurückgenommenen Gangart. Dazwischen hat sie in kluger Dramaturgie vereinzelt eher am Clubgeschehen interessierte Nummern gesetzt, darunter das von klassischen Breaks getriebene »Contact« oder das geradlinige »Bruises«. Sie fallen nicht aus dem Rahmen, sondern erinnern nur daran, dass Kelelas Musik trotz der diesmal dominierenden Introspektion bei Bedarf einige Energiereserven freisetzen kann. Ob das Ergebnis wieder so hohe Wellen schlagen wird wie ihr erstes Album, bleibt abzuwarten. »Raven« hätte es verdient.