Review

Kelela

Hallucinogen

Warp • 2015

2015 nähert sich dem Ende und niemand redet ernsthaft noch von Future R’n’B. Obwohl FKA Twigs derzeit mit neuer EP aufwartet, obwohl Kelela nach dem erschlagenden Re-Release von »Cut 4 Me« nun mit einer neuen EP zurückkehrt. Warum ist das so? Ist die vor zwei Jahren proklamierte Zukunft wieder oll? Referiert Kelela nicht selbst den Past R’n’B qua TLC-Zitat? Aus »f I Was Your Girlfriend« wird bei ihr im überragenden, sachte von Arca produzierten »A Message« ein trauerndes »If I was your ex«, dann Schweigen, dann: »…girlfriend«. Ist es vielleicht, weil die Musik wieder zahmer geworden ist, sich Twiggy in der Zwischenzeit am Albumformat versuchte und das, nebenbei gesagt, aller voraussehbaren Lobhudelei zum Trotz nicht ganz gewuppt hat? Oder sehnt sich das Publikum aktuell eher nach Exzess und (Selbst-)Zerstörung wie ihn Philipp Kunze in diesem Magazin mit einer Schärfe analysiert hat, die sowohl Twiggys als auch Kelelas neuen Tunes in hergebrachter Ästhetik abgeht? Denn »Hallucinogen«, das deutete die eben erstaunlich softe Arca-Produktion an, verweist keinesfalls auf Kelelas Anfangstage als Hypewoman für die Night Slugs-Posse sondern ist in gekonnte Pop-Formate gegossenes, amorphes Gefühl. »Gomenasai« bringt japanophilen Titel mit Sino-Grime-Reminiszenzen zusammen, das tolle »Rewind« semi-scharfe Handclaps im Upbeat-Modus, »All The Way« dann wieder an Jessy Lanzas letzte Single erinnernde Downbeat-Balladität vor. Wirklich future klingt das in der Tat nicht, wirklich future klingen nur der ebenfalls von Arca produzierte Titeltrack und »The High«, der Kelelas entkörperte, vervielfachte Stimme über einen muffigen Beat geistern lässt. Es ist die zögerliche Einlösung eines Versprechens, das Kelela und ihren Kolleginnen sowieso nur in den Mund gelegt wurde – ohne, dass sie jemals danach gefragt worden wären. »Hallucinogen«, sowieso mehr impressionistisch arrangierte Sammlung von verschiedenen Tunes als kohärente EP, gibt da glücklicher Weise recht wenig drauf. Stattdessen beweist es erneut, dass diese Form der Verschlagwortung nicht einfach eine disparate Gruppe von Künstlerinnen zusammenstreichen konnte, ja, nicht einmal diese einzige Künstlerin allein adäquat zusammenfassen könnte. Der wahre Grund, warum die Formel vom Future R’n’B neben andere und ähnliche kurzlebige Hashtags archiviert werden kann, er lautet mit Zweitnamen Kelela.