Schon in der Glitch-Ursuppe der späten 1990er Jahre wurde Wien Florian Heckers musikalische Heimat, damals noch auf dem Labelvorgänger Mego. In der vergangenen Dekade entwickelte er sich von dort aus zu einer ersten Adresse für radikale Klangkomposition: Indem er etwa stochastische Verfahren auf mikrozeitliche Entwicklungen losließ, öffnete er ein musikalisches Feld, das nicht weniger faszinierte als es auch schon bei geringer Lautstärke überraschend hartnäckiges Nerv-Potential aufbot. Nicht weit war von da der Schritt zur Psychoakustik und dem Fokus auf das Spiel damit, wie das Gehör Klänge überhaupt erfasst, welches er heute mit philosophischem Input zu klassischer Klang-Kunst verbindet: »Chimärisation«, der Titel seiner Arbeit für die Documenta 2012, bezeichnet als Verfahren eine Art Verschmelzung mehrerer Klangereignisse, dort angewandt auf Lesungen eines Texts des Philosophen Reza Negarestani, welcher sich seinerseits mit »chimären« Gegebenheiten beschäftigt. So auch im Falle von »Articulaçao« (ursprünglich für eine Ausstellung in Lissabon konzipiert), das einen weiteren Text Reza Negarestanis zum Verhältnis von Natur und Kultur verarbeitet, hier gelesen von Joan La Barbara, und nach einem Zwischenspiel noch einmal von Sugata Bose und Anna Kohler. Nun dürfte das Highlight der Platte Joan La Barbaras liturgischer Vortrag sein, dessen Weihe dem Text doch eine ironische Note unterjubelt. Der harte Stoff steckt hier nämlich weniger im rein elektronischen Mittelteil, der eine halbe Stunde lang frei durch ein buntes psychoakustisches Bestiarium führt, noch in den beiden je fast ebenso langen manipulierten Sprachstücken, die immer wieder das Ohr gezielt seine Grenzen spüren lassen. Das deklamatorische Libretto selbst ist es, das in seiner abweisenden Opazität frustriert und im Einklang mit der Länge das Gesamtpaket undurchhörbar macht. Aber vielleicht ging es ja auch gerade darum.
Hecker
A Script For Machine Synthesis
Editions Mego