Review

Jung An Tagen

Das Fest der Reichen

Editions Mego • 2016

In ein paar Jahren werden wir uns also von selbstfahrenden Autos zum Club chauffieren lassen – den selbsttanzenden Dancefloor jener Nächte gibt es allerdings schon heute. »Das Fest Der Reichen« spannt Räume auf, deren Koordinaten in permanenter Bewegung scheinen, den Körper orbital umlaufend; sanfter Schwindel erfasst uns im Drift der schimmernden Blitze einer Spiegelkugel, die uns zur Kuppel geworden ist. Die synästhetische Effekt der elektronischen Klangwelten von Stefan Juster ist bestimmendes Element seiner Arbeit im Rahmen des »Virtual Institute Vienna«, oft in Einheit mit Videokunst. Das gilt auch für seinen Einstand bei Editions Mego So Jung An Tagen wie sein Pseudonym ist sein Wirken allerdings nicht: Neben diversen Releases u.a. als Stefan Kushima etwa für Not Not Fun oder 100% Silk dient vor allem sein Tapelabel SF Broadcasts als Outlet, dort vor allem unter dem Namen Cruise Family. Schon einige Dekaden unterm Gürtel hat gar das klangliche Genre, in das er sich einreiht. Vor wenigen Jahren hätten die kaskadierenden Arpeggien, die ausfahrenden Laserschwerter, der metallische Schmelz wunderbar ins Kosmische-Revival zwischen Emeralds und jemanden wie Joseph Raglani im Labelkatalog Platz gefunden. Vor der Haustür versteckt es sich aber wohl immer noch am besten. Dabei kann »Das Fest der Reichen« mit etwas – auf ganz altmodische Art – Besonderem aufwarten: einer Erzählung als Album. Hier sitzt sehr wohl ein Musiker am Steuer. Gipfelt die erste Hälfte in der sprudelnden Achterbahnfahrt losgelassener Tempi einer Klavierfingerübung als Naturgewalt (»Die Hand Lässt Niemals Los«), scheint sich mit der Cowbell im Molekularbewegungs-Acid von »Vom Nebel Zum Leib« endlich fester Floor unter den Füßen anzukündigen. Es bleibt jedoch der einzige Percussion-Einsatz auf dem Album. Plötzlich verdampft ist alles Metrum in »Der Klare Blick«. In eine Wiener Nachtkälte wie aus dem Reiseführer bettet sodann »Weiße Lüge« und dessen Piano im Pulsar-Brunnen, bevor »In Mildem Licht« die Uhr vollends ins Space Age zurückdreht und in den elegischen, endlich warmen, immer noch einsamen Traum eines ewigen Sonnenuntergangs entlässt.