Review

Linda Smith

Nothing Else Matters

Captured Tracks • 1995

Es gibt viele Momente, die einen an Bedroom Pop faszinieren können. Das Songwriting. Die intimen Texte. Der DIY-Ethos. Die immense Kreativität der Musiker:innen. Ihre Fähigkeit, der unendlichen Komplexität von Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Sie alle blühen auf den aktuellen Reissues von Linda Smith auf, einer Person der amerikanischen Homerecording-Szene der 1980er und 1990er Jahre. »Nothing Else Matters« ist das erste Album, das die Amerikanerin auf einem 8-Spur-Kassettenrekorder aufgenommen hat. Auf 13 Tracks vereint es verträumte Gitarren, barocke Synthies und verspielte Drumloops. Darüber streut Smith wohldosierte Avantgarde-Allüren. »Only A Moment« etwa wartet mit dissonanter Violine und dissoziiertem Sprechen auf. Auf »Salad Days« hört man Kichern. Im Hintergrund ein Stimmengewirr. Smiths Texte loten das zärtliche Verhältnis zwischen Alltag und höchster Erregung aus. Wie unglücklich Liebende hängen sie in einem Moment an Belanglosigkeiten und nähern sich im nächsten dem Tod. Linda Smith besucht Intensivstationen, Gartenpartys und Zimmer für sich allein. Sowohl ihre Stimme als auch ihr Songwriting sind Mauerblümchen – unaufdringlich, gekonnt kultiviert, aber ein wenig kraftlos. »Nothing Else Matters« ist ein gutes Album, nicht mehr und nicht weniger. Oder anders gesagt: Es ist gut, so wie es ist. Wer im Schlafzimmer aufnimmt, muss nicht nach Perfektion streben. Zwischen Fensterbrett und Nachtisch gibt es nur die Möglichkeit, die verborgenen Potenziale des Mundanen zu kultivieren.