Review

L’Orange

The Orchid Days

Mello Music Group • 2014

Wenn Musik Geschichten erzählt, dann ist L’Orange der Federführer. Der Beatmaker aus North Carolina ist ein Freund des Kinos und Film Noir. Diese Leidenschaft überträgt er auf seinen Sound. Das Intro von »The Orchid Days« eröffnet die Sprecherstimme von Eric Todd Delums, der den Hörer in eine verheißungsvolle, dunkle Welt entführt, in der die Zeit in »heartbeats per minute« gemessen wird und sich die sternenklare Nacht auflöst, weil ein Sound von irgendwoher in unser Ohr dringt… »The Orchid Days« nennt er dieses Zeitalter. Hört man sich das 19-Track starke Album in seiner Gesamtheit an, wirkt es wie ein großes Hörspiel, das von den 1920er bis in die frühen 1950er Jahre reist und dabei die musikalischen Relikte der Zeit aufnimmt. Jazz, Soul und Swing-Platten bilden das Grundgerüst des knisternden, warmen Sounds, den L’Orange auf innovative und kreative Weise in klassischen, rollenden Boom Bap verwandelt. Die Übergänge mischt der Beatmaker raffiniert mit Vocal-Samples, Film- und Radio-Sequenzen. Er tut das so gekonnt, dass er auf diese Weise fast schon eine filmisch-narrative Struktur über den Sound hinaus erzeugt. L’Orange besetzt sein Stück mit fünf Rollen und ausdrucksstarken Charakteren. Wenn Erica Lane mit einer Erhabenheit in der Stimme zu einem Klavier-Sample singt, hat man das Gefühl, sie tanzt durch ein Burlesque-Theater der 1920er Jahre. Das Trompeten-Sample und der Beat in »Mind vs. Matter« mit Homeboy Sandman erinnert an den Swing der 1930er Jahre. Und Blu und Jeremiah Jae agieren mit dem Vocal-Sample in »Need You« und »Love Letter«, als wären sie zu einem Duett aufgefordert worden. Den Abschluss bildet ein stimmlich starker Billy Woods, der epischer vom Weltende nicht sprechen könnte. L’Orange gelingt es, einen Soundtrack zu kreieren, der in die alte Zeit greift und in der neuen wirkt.