Review

Loscil / Lawrence English

Colours Of Air

Kranky • 2023

Aus Alt mach Neu: Der Kanadier Scott Morgan alias Loscil und der australische Komponist Lawrence English haben sich für ihr gemeinsames Projekt »Colours of Air« eine Sammlung von Stücken einer jahrhundertealten Pfeifenorgel vorgenommen, die sonst unschuldig im Historischen Museum von Brisbane steht. Nun gibt es wieder allerlei große Worte. Ein »sakrales« Album, bestehend aus acht Tracks, eine Reduktion, eine Erweiterung. Begriffe wie Raumklang und Kirchenschiff mit Buntglas fallen in der Ankündigung. Ist es das? Ja. Und nein. Denn »Colours of Air« ist mit seinen Drones, den anschwellenden und abklingenden Klängen vor allem eine Projektionsfläche. Der dekonstruierte Klang der Orgel wird zu einem Himmel aus Tönen und Splittern. Eine gigantische Wolke aus allen möglichen Stimmungen. Entsprechend unterschiedlich wirkt das erste gemeinsame Album der beiden Musiker. »Magenta« klingt nach Weltuntergang, »Black« dagegen fast harmlos. Klar, wer sich auf dieses Album einlässt, kann es nicht nebenbei hören. Ambient, Minimalismus und moderne Komposition bestimmen die Formen, die sich aber viel freier, viel experimenteller anfühlen, als es diese Genres sonst zulassen. Wenn diese Art von Musik Landschaften zeichnet, dann ist »Colours of Air« ein gigantisches Luftschloss mit unzähligen Winkeln, Gängen und Räumen, in denen man sich verlieren kann. Das Album verlangt viel, erschließt sich sehr langsam und lohnt sich gerade deshalb. Denn wer einmal den Zugang gefunden hat, irrt allein und glücklich durch die acht Stücke.