Auf seinem mittlerweile vierzehnten Album als Loscil formt Scott Morgan wieder einmal Musik neu. Dieses Mal liefern Licht, Schatten und Verfall das Konzept. Doch der Kanadier macht auf »Clara« viele Dinge anders als Kollegen wie The Caretaker oder William Basinski, die mit ähnlichen gedanklichen Überbauten zu ihrem Sound arbeiteten. Während sich nämlich dort wahlweise der Zerfall des menschlichen Geists oder der westlichen Welt hören lässt, entsteht bei Loscil ein viel greifbarer Sound, der nicht nur eine existenzielle Leere überdeckt. Ursprünglich gehörten die zehn Stücke nämlich mal zu einer einzigen dreiminütigen Komposition eines 22-köpfigen Streichorchesters. Dementsprechend epischer mutet »Clara« in seinem Drone und Ambient an. »Aura« bebt förmlich, hier und da lassen sich einzelne Spuren von Geigen ausmachen, die schon in »Stella« die Atmosphäre vorgaben. Ein Gefühl des Unendlichen beschwöre dies herauf, so der Pressetext – und so richtig widersprechen lässt sich nicht. Doch auf »Clara« ist es keine Unendlichkeit, die sich in alle Richtungen ausbreitet. Denn die Schatten und das Ungewisse nehmen den Großteil dieses Albums ein. Dass kein Rhythmus etwas vorgibt, gehört zum Genre, dass sich die Sounds aber so gespenstisch leicht verändern, dass alles unfassbar bleibt, macht »Clara« aus. Loscil dekonstruierte hier nicht eine Komposition, er verzerrte sie auch nicht. Er isolierte ein Stück Kultur ab, legte es offen und holte eine komplett andere Essenz, eine andere Schönheit hervor. Dieses Album ist wie der Blick in den nächtlichen Sternenhimmel – wunderschön und doch so beängstigend.
Clara