Review

Lucrecia Dalt

The Seed OST

Invada • 2022

Die Saat des Unheimlichen – Lucrecia Dalt jongliert seit dem Beginn ihres musikalischen Schaffens mit diversen Soundeffekten und den Affekten der Zuhörenden. Mit ihren vielschichtigen, mystischen Instrumentationen, ob auf den Vorgängern »Anticlines« oder »No era sólida«,macht Lucrecia Dalt Klangnarrative als immersive Momente erfahrbar. Es ist kein Wunder, dass die kolumbianische Künstlerin mit dem Hang, oder eher Klang, zum Unheimlichen und Übernatürlichen kürzlich ihren ersten Soundtrack zum Horrorfilm »The Seed« produziert hat (und übrigens im Anschluss gleich einen weiteren zur packenden Horror-Comedy-Serie »The Baby«). »The Seed«, das Regiedebüt von Sam Walker, erzählt die blutrünstige Urlaubsgeschichte dreier Millennials, die einfach nur in der Mojave-Wüste entspannen wollen, aber dann von einem bösen Alien im Pool gestört werden. Ok, Boomer! Was als Influencer-Cringe visuell dramatisch inszeniert ist, entpuppt sich in Lucrecia Dalts musikalischer Begleitung als eine surrealistisch-melodiöse Sci-Fi-Geschichte à la Jodorowsky meets Louise Bourgeois. Ob lauernde, monströse Synth-Körper in »Venutian Offspring«, die verzerrte Roadtrip-Klangmetaphorik in »No One Around« oder die harmlos voranspinnenden Rhythmen auf »Anabolic Alien«, die langsam in eine bedrohliche Sirene übergehen–Lucrecia Dalts sechsundzwanzig Tracks spielen mit der Ambiguität, die in Soundassoziationen des Außerirdischen und Irdischen verborgen ist. Gleichzeitig würdigen die Tracks frühere Filmmusik und den legendären BBC Radiophonic Workshop. Das Unheimliche als ästhetisches Prinzip wird dabei in liminalen Klangräumen immer wieder geprüft.