Review

Midori Hirano

Invisible Island

Sonic PIeces • 2020

Wie könnte man sich einen Rückzugsort aus Klängen, einen akustischen Safe Space vorstellen? Genau so wie »Invisible Island«, das neue Album der klassisch ausgebildeten Pianistin Midori Hirano aus Kyoto, die mittlerweile in Berlin lebt. Ihre sanften, minimalistischen Klaviermelodien verwebt sie auch auf ihrem vierten offiziellen Album meisterhaft mit ätherischen Synth-Flächen, Field Recordings und anderen elektronischen Verfremdungseffekten. So entsteht ihre ganz eigene Version von Neo-Classical, die weder in der Tradition der alten japanischen Heimat noch des neuen deutschen Zuhauses steht und auch nur recht entfernt an die ähnlich geartete Männer-Clique von Nils Frahm bis Chilly Gonzales erinnert. Wie der Titel »Invisible Island« bereits andeutet, entwirft MIdori Hirano viel mehr einen eigenen Nicht-Ort, fernab von unserer realen Welt samt ihrer Probleme. Auf dieser unsichtbaren Insel gibt es aber nicht nur exotische Früchte, putzige Tierchen und faszinierende Dschungellandschaften, sondern auch dunkle Höhlen, elektrisches Flirren in der Luft und beunruhigende Geräusche des Nachts. Wenn man sich allerdings mit der Topografie dieser Sound-Insel bekannt gemacht hat, wirken die zarten, teils melancholischen Pianoarpeggios samt der verträumten Ambient-Drones beinahe meditativ, in jedem Fall beruhigend (ohne einschläfernd zu sein) und damit so ähnlich, wie man sich einen »Sonic-Safe-Space« herbeifantasieren würde.