Review

Mira Calix

Absent Origin

Warp • 2021

Wenn Künstler ein neues Album ankündigen und dabei auf einmal der Name Marcel Duchamp fällt, lässt sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen: Es wird nicht einfach. (Was daran liegt, dass der französische Künstler es seinen Zeitgenossen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ebenfalls nicht einfach machte.) Wenn dann eine Künstlerin wie Mira Calix an die Sache geht, wird es nicht nur nicht einfach, sondern vor allem auch interessant. Denn ihr neues Album »Absent Origin« entstand durch verschiedene Collagen, die sich wiederum auf andere Künstler beziehen. Was das nun konkret bedeutet? Lässt sich auf dieser Platte nicht raushören. Denn darauf finden sich Tracks wie »bower of bliss«, auf dem ein poppiger Bass durch einen albtraumhaften Kunsthallensound führt, obwohl kurz zuvor gerade erst »silence is silver« alles auf melancholisches Piano-Instrumental mit Samples gedreht hatte. Das Konzept der Collage findet sich eben auch im kompletten Kontext des Albums wieder. Die wenigsten der siebzehn Tracks werden konkret oder greifbar, alles bleibt abstrakt, dekonstruiert und verwischt. Experimentelle elektronische Musik eben, die jedoch bei Mira Calix nie die Grenze überschreitet oder zu sehr fordert. Dafür sorgt hinten raus etwa »an infinite thrum (archipelago)«, in dem sich Streicher und Vogelgesang zusammentun, um einen der wenigen Einstiegspunkte auf diesem Album zu markieren. Für Mira Calix dürfte ihr Konzept aufgegangen sein. Denn ihr »Absent Origin« ist eine der wenigen Herausforderungen in der modernen elektronischen Musik.