Neuer Jazz von den Balearen – damit ist nicht etwa eine moderne Welle von Jazzheads am Ballermann 6 gemeint, sondern eine weitere Platte aus dem längst umfangreichen Oeuvre der Österreicherin Muriel Grossmann. Seit knapp zwei Jahrzehnten expandiert Grossmann von Ibiza aus in Gefilde, die lange Zeit ihren US-amerikanischen Kolleg:innen am Saxofon vorbehalten waren: Spirituelle Ekstase, die sich in einem Spiel aus Erschöpfung und totalem Flow-Erleben kristallisiert. Statt Technoclubs, Palmen und Reichen, die es sich gut gehen lassen, gibt es in Grossmanns balearischem Traum die Versöhnung mit den Kalamitäten dieser Welt.
Wie aus einem Winterschlaf erwacht, treibt Muriel Grossmanns Jazz Blüten in den kühnsten Farben: Informiert von der psychedelischen Qualität ihrer Vorgänger:innen (Coltrane, Sanders, Dorothy Ashby, vielleicht auch Bob James), glühen die Stücke auf »The Light of the Mind« in wilden orange-purpurnen Tönen, die Hitze dampft aus den Pausen. In der gleichen Besetzung wie auf »Devotion«, mit Uros Stamenkovic (Schlagzeug), Radomir Milojkovic (Gitarre) und Abel Boquera an der Hammond, meistert das Quartett einen lustvoll zerebralen Sound, dem kaum eine Combo dieser Tage das Wasser reichen kann. Ein deutlich präsenter Groove und eine damit einhergehende Körperlichkeit treffen auf rasante Tonfolgen, die vor allem Gitarre und Orgel als intellektuelle Partner ins Spiel bringen. Dazwischen erhebt sich die Bandleaderin, die immer mehr wie das alte Schlachtross Sonny Rollins klingt, in den Himmel und verkündet als Vermittlerin und Medium die frohe Botschaft des Jazz mit einer Seligkeit, wie sie nur große Geister empfinden.
The Light Of The Mind