Review

Tolerance

Divin

Mesh-Key • 2023

Bevor irgendwelche Zwerge auf kariertem Fußboden seltsame Dinge sprachen, gab es dieses Album schon. Das zweite und letzte Album der japanischen Zahnmedizinstudentin Junko Tange, ursprünglich 1981 erschienen, jetzt neu aufgelegt und damals wie heute ein ziemlicher Hammer. Kaum zu glauben, dass eine Studentin mit limitierten Mitteln dieses Album vor gut 40 Jahren aufgenommen haben soll. »Divin« ist proto-so-vieles. Proto-Dub-Techno, Proto-Autechre – allein wie die Drum-Machine im Opener durch Delays marschiert, stoisch, während es im Hintergrund fiept und mutiert, greift einem Sound vor, der seit den frühen Achtzigern bis heute die Ästhetik ganzer Labels (VOD, Staalplaat, Kashual Plastik usw.) prägt und ohne den es keine Lena Willikens, keinen Salon des Amateurs, keinen Tape-Hype gegeben hätte. Es ist wirklich schwer zu glauben, dass dieses Album existiert. Dass ein junger Mensch vor so langer Zeit (mit welchen Vorbildern???) diese Stücke produziert hat. Junko Tange aka Tolerance muss einfach genial gewesen sein. Einfach mal Lo-Fi-Tape-Industrial-Sound gemacht, mit grenz-dissoziativen Vocals von Masami Yoshikawa, mit Peitschenhieben, totaler BPM-Offenheit, und einer atmosphärischen Dichte, Horror-Vibes fast, die mit großen Filmwerken mithalten kann. Ein echtes Meisterwerk.

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Tolerance
Divin
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