Review

Various Artists

Boombox

Soul Jazz • 2016

Manche Musikjournalisten finden es verdächtig, wenn man sich ausgiebig mit der Vergangenheit des Pop beschäftigt. Die Musik sei schließlich eine Sache der Gegenwart und ausgiebige Rückschauen lenkten bloß davon ab. Was aber Quatsch ist. Das eine schließt das andere ja keinesfalls aus. Und ohne sich ein bisschen mit der Geschichte der Musik auszukennen, kommt man auch in der Gegenwart nicht sehr weit. Mit »Boombox« haben Soul Jazz Records jetzt eine ihrer sensationellsten Compilations überhaupt vorgelegt. Nichts weniger als die Frühgeschichte des Hip-Hop dokumentiert diese Zusammenstellung mit Material aus den Jahren 1979 bis 1982, einer Zeit, als man noch »Rap« zu Musik mit Sprechgesang über repetitiven Grooves sagte. Statt auf Schallplatten basierender Breaks von DJs gibt es hier tatsächlich Musiker, die das Material – bekannte Disco- oder Funk-Grooves – von Hand nachspielen. Und statt der Sugarhill Gang, Grandmaster Flash oder T-Ski Valley findet man weniger bekannte Namen von MCs aus der Bronx, die ihre Stücke auf kleinen Labels in Harlem veröffentlichten. So stehen Mr. Sweety G, Neil B oder Bon-Rock & The Rhythem Rebellion für die Anfangstage des Hip-Hop, als das Genre noch nicht selbstreflexiv geworden war und sozialkritische Botschaften vermittelte, sondern das ausgelassene Feiern im Hinterhof um seiner selbst willen zelebrierte. »Get on your feet and stay on the beat« – diese schlichten Aufforderungen wirken in ihrer Unbefangenheit aus heutiger Sicht wie eine Frischzellkur. Und der Beat stimmt allemal. Auf das Cover ist übrigens eine große »1« gedruckt. Man darf daher frohen Mutes sein: Fortsetzung folgt.