Review

Yoshio Ojima

Une Collection Des Chainons I: Music For Spiral

We Release Whatever The Fuck We Want • 2019

Ambient aus den japanischen Ahctzigern ist inzwischen so edgy wie Dad-Sneaker, Bauchtaschen und Flohmarkt-Pullis. Das Ding ist: Es poppt einfach immer wieder geiles Zeug auf, das man sich noch nicht in die Ohrmuscheln gestreamt hat. Und: We Release Whatever The Fuck We Want Records schiebt kontinuierlich Scheiben raus, die auf direktem Weg ins Traumland entführt. Entschleunigung ohne Hintergedanken. Danke dafür. Mit dem Frühwerk von Yoshio Ojima, einem der Vordenker in Sachen leise Musik aus lauten Computern, stoßen die Schweizer Labelguys aber auch auf ein gefundenes Fressen. »Bitte hör dir dieses Album in der gleichen Lautstärke an wie alltägliche Klänge«, steht in den Liner-Notes zu »Une Collection Des Chainons I: Music For Spiral«. Also nix mit Noise-Cancelling in der U-Bahn. Den Umgebungskrach müssen wir hier schon mitdenken. Wenn Klaviere klimpern und Synthesizer streicheln, hopsen Eichhörnchen über Wiesen, Wasser plätschert, Vögel zwitschern – all das passiert nur im Kopf. Ojima, der die Stücke 1988 in Tokio geschrieben hat, kleckst Farbe auf eine Leinwand, die es gar nicht gibt. Und irgendwie doch. Er kalibriert unsere Filter, reißt ein Loch in die Aufmerksamkeitsökonomie und macht uns weist auf kleine Details hin. Auf das Rascheln der Büsche im Wind oder die Sonnenstrahlen, die durch Baumkronen fallen. Und das, obwohl wir immer noch in der verdammten U-Bahn sitzen. Für einen Moment waren wir trotzdem weg. Weit weg, irgendwo da draußen. Wenn das der Anspruch von Ambient 2019 ist, her damit!