Review

Beth Gibbons & The Polish Radio Orchestra

Henryk Górecki: Symphony No.3

Domino • 2019

Im Pop-Universum gibt es auch so seltsame Zufälle: Da veröffentlicht der ehemalige Talk-Talk-Bassist Paul Webb als Rustin Man gerade erst sein allererstes Soloalbum »Drift Code« und prompt hört man mal wieder was von [Beth Gibbons](https://www.hhv-mag.com/de/glossareintrag/5941/beth-gibbons,) der Webb eben als Rustin Man vor langer, langer Zeit half, ihr erstes und bisher einziges Solowerk »Out Of Season« zu produzieren. Und auch wenn es musikalisch nicht weiter voneinander entfernt sein könnte, so ist doch auch diese Zusammenarbeit der ehemaligen Portishead-Sängerin mit dem Sinfonieorchester des Polnischen Rundfunks eine ganz besondere Kollaboration. Denn welche Stimme wäre geeigneter für die »Sinfonie der Klagelieder«, wie die »Sinfonie No.3« von Henryk Górecki untertitelt ist? Blöd nur, dass Beth Gibbons weder Noten lesen kann noch nur ein Wort Polnisch spricht, möchte man da einwenden. Doch für diesen besonderen Abend Ende November 2014 in der Warschauer Oper, an dem auch Bryce Dessner von The National und Jonny Greenwood von Radiohead eigene Stücke aufführen durften, bereitete sie sich zusammen mit Dirigent Krzysztof Penderecki sehr intensiv vor. Und wenn sie dann nach gut 12 Minuten des orchestralen Anschwellens endlich einsetzt, ist von der ersten Note an klar, dass sich die Vorbereitung mehr als gelohnt hat und diese Paarung Gibbons plus Orchester nicht nur auf dem Papier gut anhört. Ob New Classical oder Neo Klassik – die Überführung von E-Musik in die Popkultur ist ja seit Jahren in vollem Gange und kann zuweilen recht beliebig, anbiedernd und allzu gefällig werden. Dieses einmalige, ganz besondere Konzert gehört eindeutig zu den intensiven, spannenden Veröffentlichungen auf diesem Gebiet, weil eben nichts dem Zufall überlassen wurde.