Die »Drogen-Band mit einem Rock-Problem« aus dem Südosten Londons hat es bisher leider nie so richtig geschafft, die Intensität ihrer chaotischen Liveshows ins Studio und auf Platte zu übertragen. Die Konzerte der Fat White Family pendeln stets zwischen totalem Kontrollverlust und Exorzismus, schamanistischem Ritual und schwarzer Messe, wofür die bisherigen drei Alben die Hintergrundmusik aus Post-Punk und Lo-Fi-Wave bilden. Mit dem vierten, »Forgiveness Is Yours«, gehen die nach der endgültigen Trennung von Mitbegründer Saul Adamczewski verbliebenen Familienmitglieder um Sänger Lias Saoudi den auf dem letzten Werk »Serfs Up!« eingeschlagenen Weg der Verfeinerung konsequent weiter: geflüsterte statt geschriene Provokationen, weg von den Gitarren und hin zu Synths. theatralisch-verspieltem statt brachialem Nihilismus. Die elf neuen Stücke sind extravaganter und variabler – ein Gedicht als Intro, Alptraum-Bossa-Nova (»Visions Of Pain«) und sogar schräger Disco-Pop mit »What’s That You Said« sind dabei. Mit maximalem Zynismus gepaart mit Nazi- und BDSM-Ästhetik (siehe z.B. das schrecklich-schöne Video zu »Bullet Of Dignity«) erinnern die Tiraden über den Zustand Großbritanniens und die Aufzählungen persönlicher Abgründe teilweise an eine linksradikale Version der Monty Pythons auf einem ganz üblen Drogentrip. Die Grundpfeiler der Selbstzerfleischung und Verzweiflung sind geblieben, hinzugekommen ist ein Mehr an bunter Performance mit noch mehr Galgenhumor.
Forgiveness Is Yours Black Vinyl Edition