Review

Julia Holter

Something In The Room She Moves

Domino • 2024

Herausfordernd und polarisierend war die Musik von Julia Holter schon immer – das neue Album ist es besonders, wurde es doch geprägt durch extreme Ereignisse in ihrem Leben wie die Geburt der Tochter und den Tod des kleinen Neffen. Gedanken über Leben und Tod, Liebe und Verlust fließen in den neuen Songs in- und auseinander, verflüssigen sich assoziativ. Die Melodien mäandern sachte dahin, die Stimmung ist dunkel, aber nicht traurig und niedergeschlagen, sondern eher übernächtigt und wohl vom Schlafmangel der frischen Elternschaft geprägt. Das sechste Werk sollte genau so fließend und wasserähnlich klingen, gibt die Songwriterin aus L.A. zu Protokoll. Dafür benutzt sie in »Evening Mood« den Ultraschall-Herzschlag ihrer Tochter, um das neue Leben im Innern des eigenen Körpers zum Klingen zu bringen. Neben solch ungewöhnlichen Klangquellen und ihrer Vorliebe für Improvisation und aufgebrochene Song-Strukturen verfolgt sie oftmals auch einen minimalistischen Ansatz: So bildet Holter nur zusammen mit den Stimmen von Nite Jewels Ramona Gonzalez, Jessika Kenney, Maia und Mia Doi Todd in »Meyou« einen kleinen Chor und verzichtet vollkommen auf weitere Instrumente. Im anschließenden »Spinning« sinniert sie dann, inspiriert von der Theoretikerin Hélène Cixous, über die Nacht als den Ort für Fantasie und Kreativität: »What is delicious and what is omniscient? What is the circular magic I’m visiting?« Ihre eigene, neu entdeckte Kreativität konnte sie auf »Something In The Room She Moves« jedenfalls sehr gut einfangen.