Review

Le Ren

Morning & Melancholia

Secretly Canadian • 2020

Eine eigentümliche Mischung aus Zerbrechlichkeit und Resilienz prägt die vier Songs auf dem Debüt der Singer/Songwriterin Lauren Spear alias Le Ren aus Montreal. Vor zwei Jahren ist ihr Ex-Freund bei einem Autounfall ums Leben gekommen. »So here we are at the end of all things / I guess I learned too late / that love can’t be the only reason to stay«, singt die 26-Jährige in »Love Can’t Be The Only Reason To Stay«. Mit klarer, fester Stimme stellt sie sich schonungslos ihren Emotionen, sieht der Bitterkeit ihres Verlusts direkt ins Gesicht. Bewundernswert, wie souverän Lauren Spear sich auf dem schmalen Grat bewegt, der die Trauerarbeit ihrer Musik von trivialer Sentimentalität trennt. Offenkundig kann sie dabei auf ein tief verinnerlichtes Folk-, Country- und Bluegrass-Fundament vertrauen, mit dem sie in der Tradition der kanadischen Schwestern Kate und Anna McGerrigle steht. Mit ihrem ungewöhnlich verbindlich, manchmal geradezu intim klingenden Timbre muss sie sich vor Genregrößen wie Joni Mitchell oder Emmylou Harris nicht verstecken. Auch die teilweise mit Lap-Steel-Gitarren-Klängen und dezentem Schlagzeug angereicherten Arrangements sind so geschmackvoll wie bewegend. Ihre Klasse als Songwriterin offenbart sich in allen Tracks auf »Morning & Melancholia«, am meisten jedoch vielleicht in »How To Begin To Say Goodbye«. Eine überaus bemerkenswerte neue Stimme, die sofort unter die Haut geht.