Review

Frank Bretschneider & Taylor Deupree

Balance

Keplar • 2020

Das Label Keplar fiel zuletzt vor allem durch Reissues auf, darunter Vladislav Delays »Multila« und Giuseppe Ielasis »Aix« Gegründet wurde es allerdings schon im Jahr 2000 und bot experimenteller Electronica ein Zuhause. Mit »Balance« wird dort nun ein weiteres zentrales Album der frühen Nullerjahre neu aufgelegt. Der Produzent Frank Bretschneider und 12k-Gründer Taylor Deupree veröffentlichten es 2002 auf dem stilprägenden Label Mille Plateaux und damit auf einer der wichtigsten Institutionen für radikal andersartige elektronische Musik, die zwei Jahre zuvor mit dem Titel einer dort erschienenen Compilation getauft wurde: Clicks & Cuts. Auch »Balance« widmet sich über eine gute Dreiviertelstunde dem Mit- und manchmal Gegeneinander von dynamisch arrangierten Klangereignissen, die auf der Oberfläche komplett aseptisch scheinen und doch von warmen Bässen begleitet werden, welche sich aus der Dub-Tradition herschreiben. Während nicht wenige der Clicks-&-Cuts-Alben von anno dazumal mit etwas Abstand betrachtet verkopft und unterkühlt klingen, gelingt den beiden akribischen Soundtüftlern eine ausgewogene Mischung von Groove und Wohlklang, die dennoch Aufmerksamkeit einfordert und nicht selten die Hirnleitungen zum Glühen bringt. Komplexe Musik ist nur selten wirklich eingängig – »Balance« allerdings gelingt, der Titel behauptet es bereits zurecht, dieser Drahtseilakt jedoch bravourös.