Review

Alexander Tucker

Third Mouth

Thrill Jockey • 2012

Mit dem (Aber-)Glauben an Geister verhält es sich in etwa so: Die meisten Menschen sind sich darüber im Klaren, dass es sie nicht geben kann und doch vom Gedanken ihrer möglichen Existenz schaudernd fasziniert. Wenn die eigene Mutter überzeugt ist als Stimme spiritueller Welten zu fungieren (speaking in tongues), kann das ein Kind sehr wohl verunsichern. Das Kind war der britische »Avant-Pop-Artist« Alexander Tucker, der nun auf seinem aktuellen Album »The Third Mouth« diese Lust und Last am Übersinnlichen thematisiert. In den zwölf Songs entwirft Tucker eine gar mystische Psychedelica-Blase mit doch recht profanen Mitteln: rudimentäre Beats, Synthies, Gitarre, Bass, Xylophon und, wenn es zum Einsatz kommt, ein sagenhaft dahin leierndes Cello. Erzählt wird hier von visionär-fiktiven Orten (»Amon Hen«, »Andromeon«), die gleichsam in Verbindung mit jetzigem oder vergangenem Diesseits stehen (»A Dried Seahorse«, »The Glass Axe«). »Mullioned View«, mit seinem anrufend summenden Rhythmus, schlägt in letzter Minute in musikalische Gegenläufigkeit um – die hörbare Entsprechung für das, was Tucker als »Victorian glass that where everything you see through it looks distorted« beschreibt. Einförmig wird es nie, allemal verschroben. Im subjektiven Herzstück »Rh«, anspielend auf die Beziehung zu Freundin Rhona, harmonisieren sich männliches Falsett und weibliches Timbre (von Gastmusikern Francis Morgan) mit dem elektronischen Space-Sound zum eigentümlich eindringlichen Hochzeitsmarsch. Dennoch ist »Third Mouth« so ein Album, an dem sich die Geister scheiden und das Vernehmen der Dritten Stimme aus einer Parallelwelt wohl nur wenigen Initiierten vorbehalten bleibt.