Bei Samples und Drumkit darf man sich hier an glorreiche alte Tage des Rap erinnert fühlen. Vor allem weil Fat Trel darüber nicht weiter rückwärtsgewandten Shit abzieht, sondern brachial die Plauze aus der Lederjacke hängen lässt und mit dieser gegen den Track stößt als wäre der Track ein kleiner Mann, der eigentlich nur mal kurz Rast gemacht hat, um zu pinkeln. Nicht wissend dass in der Gaststätte das jährliche Treffen der Stolzen Plauzen Itzehoe stattfindet, das in diesem Jahr schlecht organisiert wurde, da der Raum des Gasthofes für die inzwischen teilnehmende Anzahl an stolzen Plauzen einfach zu klein ist und folglich hier Bauchnäbel miteinander rumknutschen, als wären sie raketenvolle 17jährige auf dem jährlichen Maifest, das in diesem Jahr… lassen wir das. PK
»Cards And Conversation« by Trapo
Apropos raketenvoll und 17jährig: »Cards And Conversation« ist wie zum Klo Torkelei bei Einbruch der Dämmerung: Alles andere als sicher auf den Beinen, mindestens flaues Gefühl im Magen, immer kurz davor sich an der erstbesten Kante anzustoßen – und dabei sehr atmosphärisch. Der Song des 17jährigen, der mit Künstlername so heißt wie das ATL-Ghetto-Äquivalent zum 0815 Hundenamen Bello, behandelt aber nicht das eben beschriebene Gefühl, der Körper sei irgendwie im Schlaf in eine Massenkarambolage verwickelt gewesen, sondern einen tatsächlichen Autounfall. PK
»Dulli« by Infuso Giallo
Der Kunze katert. Weil ich eine fiese Sau bin, muss er sich gleich Infoso Giallos »Dulli« antun. Das ist ohne Elektrolyt-Mangel einfach ein ekstatisches Percussion-Monster, das auch auf der letzten Dolo Percussion – Platte Aufmerksamkeit erregt hätte. Mit pochender Schläfe aber ist das chinesische Wasserfolter auf +8. FA
»Afrikosa (Wolf Müller Gorilla Mating Dance Dub)« by Jose Padilla
taken from Jose Padillas’s new EP »Wolf Müller Dubs«, out now on International Feel
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Um es dem armen Welpen etwas einfacher zu machen, darf er zu Wolf Müllers exotischen Häuptlingschants an einer Salzstange knabbern. Der hat Jose Padillas »Afrikosa« direkt noch ein Spur wahnsinniger gemacht und mit seinem programmatisch betitelten »Gorilla Mating Dance Dub« eine prima Beschreibung der Körperhaltung unseres kämpfenden Helden um 4:15 Uhr abgeliefert. FA
»Notget (Lotic Keptsafe Version)« by Björk
taken from Björk’s new EP »Vulnicura Remixes – Notget Lotic Keptsafe Version«, out August 7th on One Little Indian
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Ein halbes Jahrzehnt im Selbstausbeutungsbizz und die traurigen Highlights sind überschaubar: Jóhann Jóhannsson die Hand geschüttelt, mal im Golden Pudel aufgelegt. Dann aber WhatsApp-Nachrichten wie »Met Molly Nilsson on the tram, she will put me on the list for her Berghain gig«, »Just had a chat with Björk. Nothing special though.« und »Peaches was there, she asked me for some help on a project.« Alle an einem Tag, alle von derselben Person, die beruflich mal gar nichts mit Musik zu tun hat. Ein anderer Overachiever und Björk-Buddy ist Lotic und der hat dieses Jahr schon alles erreicht, legt aber noch diesen Killer-Remix drauf. Meine Scham ist grenzenlos. KC
»Bill Loves You« by Hidden Spheres
taken from Hidden Spheres’s new EP »Waiting«, out now on Distant Hawaii
find it on hhv.de on 12inch
Scham ist eins, Schmerz ein anderes. Letztens musste ich mehrmals eine 16-Track-Tech-House-Compilation durchsitzen, die von der Dirt Crew kuratiert wurde und konnte dem nur rhetorische Notwehr entgegenbringen. Dann landet aber diese neue Hidden Spheres-EP auf dem Schreibtisch und pustete mir mit soulful Sampling und smoothen Grooves die inneren Wunden. Ein paar Discogs-Klicks weiter weiß ich nun, dass eben diese Dirt Crew dahintersteckt. Ich bin halt nicht nur ein Loser, sondern auch ein Arschloch. Immerhin: Bill liebt mich. So intensiv, und doch so flauschig. KC
»Death Sentences« by Black Wing
taken from Black Wing’s new LP »…Is Doomed«, out September 25th on The Flenser
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Vielleicht ist das paradox, vielleicht aber unbedingt angebracht: Wenn der Selbstekel überhand nimmt, muss was her, das mir im Abscheu-Game mindestens drei Nummern voraus ist. Enter Dan Barrett, den wir mit seinem Black Wing-Projekt schon vor zwei Wochen hier hatten was ja aber nur hilfreich ist: An Allgemeinaversionen hat sich bisher noch niemand überdosiert. Obwohl, Moment, das überdenk ich nochmal. KC
»Worth It« by Danny Brown + Clams Casino
Clams Casino ist schon mal gekauft, Danny Brown hingegen ist an mir Rap-Game-Schwächling bisher einigermaßen vorbeigegangen. Catcht mich trotzdem, denn wie ihr wohl (spätestens) aus dem dieswöchigen Psychogramm ablesen konntet, steh ich auf die verzweifelten Zweifler. »Is it really worth it?«, quietscht der halbe Hamlet und steckt mich damit vollends in die Tasche. Kommt mir das nur so vor oder ist 2015 wirklich ein starkes Jahr für bewegungslose Beats und Leidenslamenti? KC