Review Klassik

Ben Vida

Esstends Esstends Esstends

PAN • 2012

Tape des Jahres 2024

Sich an die Musik von Ben Vida heranzutasten, war nie ganz einfach. Der New Yorker Musiker hat sich auch in der Vergangenheit darauf spezialisiert, Musik von ungewohnten Blickwinkeln zu betrachten und ihr dann entgegenzutreten. Egal ob er bei Town & Country auf Jazz und Improvisation schielte oder mit seinem Soloprojekt Bird Show auf Weltmusik und Musique concréte gleichzeitig blickte. So unterschiedlich die Ansätze seiner zahllosen Projekte und Kollaborationen auch war, eins war im Sound von Ben Vida doch gleich: da war Raum. Die Klänge von Town & Country schwebten in die entlegensten Winkel einer Kathedrale, bei Bird Show wurde der Raum sogar noch erweitert, hinein in die Natur. Insofern ist „»Esstends Esstends Esstends«, sein erstmals unter seinem bürgerlichen Namen veröffentlichte, neues Solowerk, anders. Es ist eng. In der Kammer, in der »Esstends Esstends Esstends« entstanden sein muss, ist neben den modularen Synthesizern und einem Computer nicht viel Platz. Alles ist schematisch, überdeckt noch von einem Papierbogen, auf dem minutiös der Versuchsaufbau gezeichnet ist, der in dem Satz kulminiert: »Using just intoned pitch combinations to produce difference tones and harmonic distortions, sound materials are created that emanate from both the playback speakers and inner ear of the listener.« Ben Vida lässt also Töne im Ohr des Zuhörers entstehen, die so gar nicht vorhanden sind. Das klingt in der Theorie interessant, hat aber letztlich keinen Einfluss auf den Hörgenuss. Das Resultat erinnert an Mark Fell, in den seltenen Momenten, an dem diesem der Groove abhanden gekommen ist. Gerade das erste Drittel wirkt derart statisch und unterkühlt, als würde die Töne auf einer Stahlnadel balanciert. In den letzten 25 Minuten fängt sich Ben Vida und er zeigt v.a. in »Pin Ans Sweep« sein kompositorisches Geschick Klänge zu harmonisieren. Das reicht mir aber nicht. Wahrscheinlich verlangt »Esstends Esstends Esstends« nach mehr Auseinandersetzung. In den ersten Durchgängen hat es mich jedenfalls nicht vollends überzeugt.

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