Review

Ben Vida & Lea Bertucci

Murmurations

Cibachrome Editions • 2022

Ben Vida und Lea Bertucci haben in der Experimentalmusikszene New Yorks Renommee. Das hört man ihrem Album »Murmurations« deutlich an, das klassische Songstrukturen meidet wie der Teufel das Weihwasser und sich vorzugsweise in teils introspektiven, teils expressiven Volten ergeht. Dass das kaum bis gar nicht selbstzufrieden und genügsam, sondern durchaus interessant klingt, liegt an den verschiedenen Intensitätsniveaus, die das Duo bereit ist, aufzufahren. »Ghost Pipes« an dritter Stelle etwa lässt einen blechernen Wasserfall aus den Kopfhörern prasseln, der seinen Aggregatzustand fortlaufend ändert und hin und wieder von geisterhaften – der Titel passt schon so – Bläserversatzstücken durchpflügt wird, die im Nebel Orientierung suchen. Zugänglich kommt das nur selten rüber, die komplette Spielzeit wähnt man sich in einer Kunstinstallation, vage erinnert die Geräuschkulisse etwa an Philipp Sollmanns und Konrad Sprengers Projekt Monophonie. Spannend, ein inflationär verwendetes Prädikat im Kunstkontext, hier aber ausnahmsweise zutreffend, hallt auch »The Flared Margin«, das anfangs noch mit händischem, lange nachhallendem Drumming besticht, gegen Ende dann eine imposante, stehende Basswalze auffährt, die eine willkommene Abwechslung darstellt. Ansonsten geben sich auch mal Sinustöne und weißes Rauschen die Ehre, die aber glücklicherweise nicht darauf ausgelegt sind, den Zuhörer zu verletzen. Ben Vidas und Lea Bertuccis experimenteller Ansatz evoziert keine katatonischen Zustände, sondern übermannt subtil.