Review

Blood Orange

Coastal Groves

Domino • 2011

Mein lieber Scholli. Neben dem Wörtchen »wandelbar« finden wir im Lexikon mit sofortiger Wirkung ein Foto von Devonte Hynes. Der ehemalige Test Icicles-Frontmann und Künstler hinter dem Pseudonym Lightspeed Champion ist ein musikalisches Chamäleon, ein moderner David Bowie, ein Felix Krull, ohne die Sache mit dem Hochstapeln. Denn Hynes künstlerischer Gestus ist ebenso grundehrlich wie wandlungsfähig. Die Dekonstruktion des Post-Punk mit den Test Icicles war ein ebenso authentisches Statement wie der mit geballtem Popwissen beladene Folkpop von Lightspeed Champion. Blood Orange ist sein dritter Streich in fünf Jahren (lässt man mal diverse Produzententätigkeiten außen vor) und überrascht auf ganzer Linie. Auf Coastal Grooves widmet sich Hynes einem, vom homophilen New York der Achtziger gefärbten Chillout-Wave, der sich gleichermaßen von Disco-, sowie Popmusik dieser Zeit inspirieren lässt. Der Bass im Stakkato, die Gitarre umher flirrend, die Drums sich im Hall verlierend – etwas Prince, viel David Bowie, auch Billy Idol meint man aus den sehr entspannten Songs heraus zu hören. In Sachen zeitgenössischer Musik wären am ehesten Antony Hegarty oder Toro Y Moi als Referenzen zu nennen. Hynes präsentiert uns seine voll Liebe und Einsamkeit nur so strotzenden Songs auf dem Silbertablett und wir werden Sie an uns nehmen, als wären es die letzten, eingängigen Popsongs eines ausklingenden Sommers, der nie einer war.