Review

Carthago

Alech

Habibi Funk • 2016

Mit fast klinischer Präzision trifft Habibi Funk seit über einen Jahr immer wieder den Zahn der Zeit – und das mit Neuauflagen obskurer tunesischer oder marokkanischer Musik aus den Sechzigern und Siebzigern. Während den Reissue-Labels in manchen Bereichen fast schon das Material auszugehen scheint, graben sie bei Habibi Funk als fast einzige unbeirrt nördlich der Sahara nach vergessenen Sternstunden und stoßen dabei immer wieder auf Erstaunliches. Von psychedelischen Soundtracks über die ersten arabischen Rap-Experimente bis hin zu beinhartem Funk sind gerade mal drei Releases vergangen. Mit »Alech« von der tunesischen Band Carthago gelingt wieder einmal so ein Coup, diesmal in der Kategorie zeitlose Disco-Bretter. Carthago entstand in den Siebzigern in Tunis aus den konkurrierenden Funk-Bands Dalton und der Marhaba Band. Gemeinsam veröffentlichten sie 1978 das extrem seltene Album »Carthago«, von dem die beiden mediterran knatternden Dancefloor-Füller »Alech« und »Hanen« für die 12inch gepickt wurden (plus unveröffentlichte Instrumentals). Mit »Alech« schließt sich für Habibi Funk ein Kreis: der Song covert einen Track von Dalton, der auf dem ersten Habibi Funk Release erschienen ist, auf verblüffende Art und Weise. Doch auch ohne Vorkenntnisse ist es ein mitreißend catchiger Stampfer. »Hanen« klingt dagegen eher wie balearische Seichtigkeit gepaart mit kosmischem Discopop und kann die, die ein wenig tropischen Kitsch vertragen können, sogar noch mehr als die A-Seite faszinieren. Vor allem aber beweist »Alech« einmal mehr, was sich noch in den Plattenkisten der Welt verbergen mag. Glückauf!

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Carthago
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