»Ziu Ziu (Reprise)« heißt der erste Track auf Diferenciado von DJ Narciso. Und obwohl Opener, weckt er nicht nur dank seines Titels sofort Assoziationen mit bereits Gehörtem und Geliebtem: etwa mit der schmerzhaft melancholischen Atmosphäre auf 1804 KIDS von Kelman Duran oder den kompromisslosen Footwork-Skizzen eines DJ Nate. Narciso gibt sich allerdings weniger aggressiv als Letzterer, seine Musik trägt einen unüberhörbaren Hang zum Nachdenklichen, gleichzeitig aber auch zur Hektik.
»Underground dos Loucos« vertont den titelgebenden Wahnsinn gut, mit dem sich der Lissaboner gemein macht: Für Four-to-the-Floor-geschulte Ohren sitzt hier so gut wie jeder Schlag der mannigfaltigen Polyrhythmen »falsch«, bis sie sich weit genug überwerfen und unter all den Störgeräuschen aus Versehen doch eine gerade pochende Kick hervortritt. Auch »Vai Estragar a Câmera« poltert und rasselt unstet, wirft schiefe Kuduro-Synths in den Mix, ehe zum großen Finale das TikTok-Jingle erklingt. »Pipipi« fährt schwere Keys auf, darüber eine akustische Drohkulisse: Schlagwerk, das immer konkreter ans Nachladen von Pistolen erinnert, spielt hier die Hauptrolle. »Do Jo« wiederum zieht sein moduliertes Scratchen bis zum Ende durch wie einst Theo Parrish auf »Dark Patterns« und erreicht dabei, und das ist vielleicht DJ Narcisos größte Qualität, eine Plastizität höchsten Ausmaßes.

Diferenciado