Die Eltern mögen es, die Freundinnen mögen es. »Ibeyi« hat vieles, was man als abgeklärter Musik-Fan erstmal abtut: den Nelly Furtado-Touch, das bisschen Naivität, das Blumige. Also, warum solltest Du es auch mögen können? Weil da doch mehr ist als harmloses Händchenhalten auf einer Blumenwiese; das kommt nur am Anfang so rüber. Die Texte sprechen nämlich eine andere Sprache, abgesehen davon, dass die Zwillinge mal auf Englisch und mal im nigerianisch-kubanischen Yoruba-Dialekt singen: da wird u.a der Tod ihrer Schwester verarbeitet. Und der Tod des Vaters, Miguel »Anga« Díaz, der seines Zeichens Percussionist beim Buena Vista Social Club war. Wenn dessen Fehlen mit Zeilen wie »mama says, there is no life without him« thematisiert wird, dann klingt das aufrichtig und gefühlt. Erst recht mit dem Zusatz: »It pisses me off, it drives me mad that she lets herself feel so bad«. Spätestens hier wähnt man sich nicht mehr einem perfekt durchgestylten Ethno-Pop-Album gegenüber, das auch ganz sicher nicht überhört hat, wie FKA Twigs klingt, sondern nach dem Album zweier Schwestern, die versuchen, Verluste zu verarbeiten und irgendwie auch ihren Platz zwischen den Kulturen finden. In den Drums und Bässen hält das Europäische Einzug (die beiden wohnen in Paris), die Melodien klingen nach westafrikanischem Folk und karibischer Wonne. Was dem Album fehlt, ist Dichte. Zwischen den diversen Einflüssen ist zuviel Raum. In diesem fühlt man, dass die musikalische Vision der beiden Zwillinge noch nicht ganz ausgereift ist. Wenn sie den noch füllen können, wird’s beim nächsten Mal auch wirklich mehr als eine Empfehlung für Eltern und WG-Kameradinnen.

Ibeyi