Von der Musik Julianna Barwicks bleibt nichts, aber auch gar nichts hängen, und das ist nicht unbedingt etwas Schlechtes. Seit dem Jahr 2006 salbt die US-Amerikanerin mit ihrem Vocal-Ambient-Pop die Gehirnwindungen ein, umschmeichelt den Herzmuskel und verdunstet dann wieder so schnell, wie sie gekommen ist. Auf Albumlänge hat sie das bisher drei Mal getan und kehrt nach ihren jüngsten Experimenten mit generativer Musik und künstlicher Intelligenz nun mit einer neuen LP zurück, die nicht weniger als Heilung, soll heißen gleich ein ganzes Wunder verspricht: »Healing Is a Miracle« lautet der überambitionierte Eso-Titel ihres Ninja-Tune-Debüts, für das sie Sigur-Rós-Heulboje Jónsi, die Harfistin Mary Lattimore und Frickelbeatbastler Nosaj Thing für je ein Feature eingeladen hat und dessen Inspirationsgeber ein Umzug nach Los Angeles sowie Barwicks Erstaunen über recht basale körperliche Prozesse waren: »Du hast dir in die Hand geschnitten, es sieht ziemlich schlimm aus, und zwei Wochen später sieht es so aus, als wäre es nie passiert… Das ist irgendwie erstaunlich, oder?«, wird sie zitiert. Dementsprechend tut die Musik auf »Healing Is A Miracle« auch nicht weh, sondern wohl. Wie genau das klingt? Wie Schichten um Schichten von Stimmen und Instrumenten, die miteinander verschmelzen, schweben und nach einer Weile vaporisieren. Zum überwiegenden Teil zumindest, denn die Gäste bringen Rhythmen mit rein – Lattimore subtile, Jónsi stampfende und Nosaj Thing nosajthingige. Wie rumorig-ahnungsvolle Untertöne vom Stück »Flowers« haben sie etwas Fremdkörperliches an sich und bleiben hängen wie sonst wenig anderes aus Barwicks Diskografie. Auch das: nicht unbedingt etwas Schlechtes. Aber auch nicht das Wunder, das uns versprochen wurde.
Healing Is A Miracle