Review

Psychic TV

Those Who Do Not

Cold Spring • 1984

Wer bei Throbbing Gristle wen am wenigsten geschont hat, darüber streiten sich die Lager noch Jahrzehnte später. Fest steht: Die englische Industrial-Band, der es gelang, die Verelendung des britischen Sozialsystems und dann auch noch die neoliberale Ausbeutung spürbar zu machen, musste 1981 erst einmal sterben, damit Neues entstehen konnte. Da war zum einen das Paar, das als Chris & Cosey elektronische Geschichte schrieb, und zum anderen eben Genesis P-Orridge, der*die mit Psychic TV die treibende Kraft des Post-Industrial begründete.

Zusammen mit seinem*ihrem besten Freund Peter Sleazy Christopherson, der bereits Schlagzeuger bei Throbbing Gristle war, »driftete« P-Orridge in eine Gruppenkonstellation, die oft als sektenähnliche Gemeinschaft bezeichnet wurde und die Grenzen des Okkulten schonungslos auslotete. Mit Referenzen an Alistair Crowley und H.P. Lovecraft, aber auch an Charles Manson und ähnliche Aussteiger-Irrungen und -Wirrungen entstand ein Sound, der so dicht war wie der Smog über Peking. Gequälte Schreie, stampfende Beats, Amok laufende LFOs, freie Improvisationen und rituelle Wagnisse – irgendwo zwischen Total Rock und Proto-Techno loteten Psychic TV bei diesem Live-Konzert die Grenzen des Wahnsinns aus. Dass die Platte zu großen Teilen auf der heidnisch-nordisch-mythologischen Hochzeitszeremonie von Genesis und Paula P-Orridge basiert, wäre sonst eine Meldung wert und ist hier nur eine Fußnote.