Review

Rudi Maier – Markenkleidung

Geschichte, Diskurs, Praktiken

Ventil Verlag • 2014

Reissue des Jahres 2023

Kleider machen ja bekanntlich Leute und Markenkleider sind heutzutage mehr denn je Marker für die soziale Stellung und die Distinktion eben dieser Leute. Dass Kleidung und Mode langsam auch hierzulande wissenschaftlich untersucht wird, ist da nur konsequent. Einen Teil dieser Debatte leistet die nun in Buchform erschienene Dissertation von Rudi Maier. Wie im Untertitel aufgelistet, geht Maier dabei multiperspektivisch vor und beleuchtet nicht nur die Historie sowie Produzenten- und Konsumentenseite von Kleidermarken, sondern ist zudem um Beschreibungen von Nutzungsweisen und dem gesellschaftlichen Symbolgehalt von Markenkleidung bemüht. Am Anfang steht die vordergründig einfache Frage, wie Menschen verschiedenen Dingen (in diesem Fall eben Kleidung) Sinn verleihen. Die theoretische Grundierung der Studie weist den Weg von Marx’ Warenfetisch über Adornos Kulturindustrie bis hin zu den feinen Unterschieden von Bourdieu, auf die – wenig erstaunlich – am häufigsten rekurriert wird. Empirische Daten sammelte Maier in 28 Interviews, die aber leider nicht sehr viel Neues zum Marken-Diskurs beitragen können.

Viele Befunde vermutet man so ähnlich bereits aus Alltagsbeobachtungen und einige Fakten hat man sicherlich auch schon woanders gelesen, aber mal wieder auf die Tatsache hingewiesen zu werden, dass ein Paar Nikes Produktkosten von lächerlichen 2,76 US-Dollar haben und vom eigentlichen Verkaufspreis nur skandalöse 0,4 Prozent auf Lohnkosten entfallen (zum Vergleich: Werbung und Sponsoring verschlingen 8,5 Prozent), ist durchaus aufrüttelnd. Einer wissenschaftlichen Abschlussarbeit gemäß, fehlen zu gewagten Schlussfolgerungen und steile Thesen, wie man sie beispielsweise in nicht-universitären (aber dennoch theoretisch fundierten) Veröffentlichungen wie etwa »absolute Fashion« oder im Kapitel über die Dialektik von kik-Klamotten in »Blödmaschinen« findet. Zudem wirkt sich der Dissertationscharakter auch auf den Stil und den Aufbau des Buches sowie der möglichst neutralen Autorenposition aus. Und obwohl die Arbeit erst 2011 eingereicht wurde, wirkt sie sehr viel älter, wenn man liest, welche Marken den Interviewten teilweise wichtig sind (Fubu, Miss Sixty, Buffalo-Schuhe) und dass momentan angesagte Jugendmarken wie Abercrombie & Fitch oder Hollister komplett fehlen, was allerdings wiederum die extreme Schnelllebigkeit von Mode verdeutlicht. Wie aus dieser Symbole zur Inklusion und Abgrenzung in sozialen Gruppen, Zeichen des Ausprobierens und der gesellschaftlichen Stellung wird, darüber gibt die Studie durchaus wichtige Aufschlüsse.

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