Carl Finlow ist überall und nirgends. Seit Mitte der Neunziger wirkt der Liverpooler Produzent bei einem Electro-Revival nach dem anderen mit – wie viele es seitdem genau waren, ist streitbar. Dass dieser Sound einfach nicht tot zu kriegen ist, eher nicht. Das stellte Finlow als Silicon Scally immer wieder sicher. Zunächst über winzige Labels im Untergrund wie SCSI-AV oder Slut Smalls, dann auch in Eigenregie, self-released. Später über das mit Ralph Lawson gegründete Label 20/20 Vision immer aber versehen mit einem sukzessive klarer umrissenen Soundrepertoire, das dem Genre mühsam neue Nuancen abzuringen verstand und dennoch überdeutlich von Underground Resistance, Drexciya, Dopplereffekt, Elektroids oder Transllusion inspiriert war. Finlows Affinität zu analogem Gerät und Science Fiction nahm im Prozess natürlich eine zentrale Rolle ein. Nach vier mehr oder weniger gelungenen EPs für Central Processing Unit (CPU), erscheint dort nun auch das erste Album, das er seit 2007 in Label-Kooperation entwarf. Sci-Fi und CPU – klar passt das wie Faust aufs Auge. Die neun Tracks auf »Field Lines« sind dementsprechend druckvoll und dynamisch produziert ohne zu übersteuern, melodisch ohne zu nerven, repetitiv ohne zu langweilen. Wie der Score eines unverschämt slicken Top-Down Shooters, changieren etwa »Empty Subways« oder »Inhibitor« zwischen dunstenden Pads, delikater Modulation und präzisem Sequencing. Auch das total unterschiedliche Duo »Submerged« und »Static Fire« dokumentiert eindrücklich, wie Finlow auf der einen Seite diese ureigene Signatur aus dem Wortschwamm »Electro« kratzen konnte, andererseits aber dauernd neue Ideen damit umsetzt – alles auf einem Level, dem sich dieser Style nur selten annähert. Zuletzt landete Silicon Scally so ein Ding 2020 mit dem grandiosen »Apparatus«, damals unter Echtnamen veröffentlicht. Jetzt macht er mit »Field Lines« tatsächlich noch mal genau dasselbe.
Field Lines