»Jazz Rock« ist ein ähnlich irreführender Titel wie, auf seine Art, weiland »20 Jazz Funk Greats« von Throbbing Gristle. Bei »Jazz Rock«, dieser japanischen Kollektivanstrengung von 1973 fallen zuallererst die für Jazz eher ungewöhnlichen Instrumente auf: So sind mit Tadao Sawai und Kazue Sawai gleich zwei Koto-Spieler vertreten, die im übrigen privat verbunden waren. Ebenfalls genreuntypisch ist die Bambusflöte Shakuhachi, gespielt von Hozan Yamamoto, den das Label Mr Bongo zuvor schon mit einem eigenen Reissue bedacht hatte. Abgesehen davon hat man mit Klavier, Gitarre, Bass und Schlagzeug eine klassische Jazz-Rhythmusgruppe, ergänzt um lateinamerikanische Perkussion und einen vierfachen Bläsersatz. Die Liste der Künstler, die für die Platte verantwortlich zeichnen, zählt denn auch lediglich die Hälfte der Mitwirkenden auf. Was daraus hervorgeht, ist nicht einfach Jazz mit traditionellen japanischen Farbakzenten, selbst wenn einige Stücke wohl unter diese Beschreibung fallen dürften. Vielmehr gestatten sich die Nummern verschiedenartige Freiheiten mit diesem stilistischen culture clash. Was die Sache ganz bestimmt korrekt beschreibt, ist das Wort »Fusion«, bloß versteht man darunter in der Regel etwas ziemlich anderes. Bei dieser Begegnung entstehen, wenn man so möchte, Reibungen ohne Verluste. Vielmehr ist alles getragen von einer höchst wendigen Leichtigkeit. Und irgendwie muss man sich echt auf die Finger hauen, um nicht am Ende doch dieses böse Wort hinzuschreiben: Man sollte es allerdings ironiefrei als Kompliment verstehen, wenn dieser Satz schließt mit der Bemerkung, das Ergebnis sei – exotisch.
Dora Morelenbaum
Pique
Mr Bongo