Review

The Alchemist

Russian Roulette

Decon • 2012

WTF!? Ein Konzeptalbum basierend auf russischen Samples? Das hat der Alchemist doch nicht mehr nötig, könnte man meinen. Seine Schäfchen sollten nach Auftragsarbeiten für Lil Wayne und Konsorten längst im Trockenen sein und so könnte er in Andre-Romel-Young-Manier auf Tauchstation gehen und dem Leben als Platinum-Producer frönen. Stattdessen verhustlet ALC seine Beats noch immer so umtriebig wie zu Zeiten von Rawkus und Game Recordings, rotzt mit Curren$y ein amtliches Album für lau raus, verbreitet mit Oh No weiter den Gangräne-Wahnsinn oder tourt mit Stiefbruder Evidence durch Russland. Und hier liegt der Legende nach auch der Ursprung zu »Russian Roulette«, denn beim Stop in Moskau erwiesen sich die russischen Fans als gute Gastgeber und überreichten den einstigen Klassenfeinden einen Stapel mit Schätzen aus den Ostblock-Crates Darunter befanden sich neben dem Soundtrack zu »Rocky IV« offenbar auch Prog-Rock-, Folk- und Jazz-Platten aus den Untiefen der Melodiya-Archive, denn was Alchemist uns auf 30 Songs in gerade einmal 45 Minuten auftischt, ist ein psychedelischer Flickenteppich par excellence. Ursprünglich als reines Instrumentalalbum angelegt, sind die Gastrapper eher schmückendes Beiwerk. Der Fokus liegt auf den Beats. Diese fallen kaum länger als zwei Minuten aus, fließen geschmeidig ineinander über und präsentieren sich eher sample- als drumlastig. Das ist freigeistig wie nie zuvor, ALCs persönliches »Donuts« sozusagen. Dass die Jackson-Brüder mit ihren Library-Series (»Beat Konducta In India«, »Dr. No’s Oxperiment« anyone?) hier womöglich auch konzeptuell Pate standen, soll nicht weiter stören. Waren The Alchemists vorherige Produceralben geprägt vom Kaliber der Gäste und musikalisch eher ambivalent, so holt er auf »Russian Roulette« zum kleinen Geniestreich aus. Basisarbeit, die der Alchemist doch nötig hatte. Wie würde unser Sowjetfreund Borat sagen: »I like! High five!«