Der Hypetrain um den neuen deutschen Straßenrap auf Boombap-Beats rollte gerade erst an, als Der Plusmacher vor rund einem Jahr mit »BWL/Bordsteinwirtschaftslehre« seine dreckig-gereimte Asphalt-Authentizität aus dem Drogenmilieu mit scheppernden Throwback-Instrumentals fusionierte. Eine Kombination, die für den Magdeburger schon lange zusammengehörte: »So muss das einfach sein. Schau dir die amerikanische Hip Hop-Szene an – Mobb Deep haben doch nichts anderes gemacht. Deutschland hängt da leider einfach ein bisschen nach. Diese ganze Sache fängt in meinen Augen hier auch gerade erst an und ich bin froh dabei zu sein«.
Der Plusmacher, Schwesta Ewa, SSIO – sie alle eint die Sozialisation im Milieu und die Vorliebe für den Backpacker-Sound. Dass SSIOs »Bb.U.M.Ss.N« im letzten Jahr sogar in die Charts gehen konnte, trübt die Geschäftsambition des Plusmachers allerdings keineswegs. »Ich habe durch mein Umfeld zwar immer diese Beats gehabt, aber es ist ja nicht so, dass andere Leute nicht auch so einen Geschmack haben können. Der Vergleich liegt natürlich nahe und SSIO ist ein sehr guter Rapper, der auch völlig zu recht so erfolgreich ist. Ich freue mich aber eher, dass durch solche Leute der Markt größer wird und ich auch mehr Aufmerksamkeit bekomme.«
Aufmerksamkeit generierte der selbsternannte Junge vom Hasselbachplatz – jener zwielichtigen Verfügungsmeile im Zentrum Magdeburgs, wo sich Kneipen, Clubs und Drogenumschlagplätze bündeln – mit seinem Debüt sowieso und stellt mit »FSW/Freie Schwarzmarktwirtschaft« nun ein noch breiteres Spektrum seines Schaffens auf. »Ich habe durch die Resonanz auf ›BWL‹ viele Kontakte in ganz Deutschland bekommen. Jetzt booken mich zum Beispiel Leute aus Bochum und ich habe auch gute Verbindungen nach Frankfurt. Der Fuß ist in der Tür.«
So heuerte der Plusmacher neben seinem vorherigen Geschäftspartnern Jay Spaten sowie anderen Exil-Magdeburgern aus dem Funkverteidiger-Umfeld nun auch Mortis oder den derzeit umjubelten Figub Brazlevič für die musikalische Untermalung seines zweitenAlbums an. Daneben präsentieren sich zahlreiche Gastauftritte von so unterschiedlichen Charakteren wie Damion Davis Olexesh oder Karate Andi die für ihn alles andere als konträr zu seiner bordsteinernen Block-Prosa stehen: »Das will ich auf dem Album unter anderem demonstrieren, dass es heutzutage völlig egal ist, ob du Backpacker, Junge von der Straße oder Intellektuell bist – man kann alles miteinander kombinieren.«»Realness ist mir wichtig in meiner Musik. Meine Tracks haben zu 80 bis 90 Prozent einen autobiografischen Hintergrund.«
Der Plusmacher
Der florierende Hip Hop-Betrieb ruft derzeit auch wieder etliche mit Budgets um sich schmeißende Musikindustrievögel auf die Jams, doch denkt der 25-Jährige gar nicht daran, zu unterschreiben, was der Stift hergibt. »Es gab ein paar Label-Angebote, aber ich möchte erst mal selber in die Sache hineinwachsen und schauen wieweit ich komme. Ich habe natürlich Leute, die mir unter die Arme greifen, ohne die ich das so nicht hinbekommen würde. Aber der Head des Plusmachers bleibe vorerst ich.« Eine bodenständige Haltung, die auch dem herkömmlichen Realkeeper in den Rucksack passen dürfte und die der Wahl-Berliner ebenfalls auf musikalischer Seite verfolgt. Wo andere vor ihrem BMW mit getötnten Fensterscheiben und bedrückender Hochhauskulisse ihre Mafiafilm-Fantasien inszenieren oder sich in überzogene Hood-Report-Ironisierungen flüchten, dokumentiert er einfach seine Erfahrungen zwischen Plattenbausiedlungen, Schattenwirtschaft und LKA-Bespitzelungen. »Realness ist mir wichtig in meiner Musik. Meine Tracks haben zu 80 bis 90 Prozent einen autobiografischen Hintergrund.« Ob sich diese Ansprüche wirtschaftlich auszahlen, bleibt abzuwarten. Doch wie sagt es der Plusmacher selbst noch gleich? »Mit Plus kann man kein Minus machen«.