Review

700 Bliss

Nothing To Declare

Hyperdub • 2022

Der erste Track dieses Albums heißt »Nothing to Declare«, die zweite Zeile gleich lautet »All the heterosexuals wanna be queer«. In der Welt von DJ Haram und Moor Mother stellt das vielleicht aber gar nicht einmal unbedingt einen Widerspruch dar, weil sie als 700 Bliss musikalische und textliche Statements, auf denen andere ganze Karrieren aufbauen würden, zur reinen Nebensache machen. Was allerdings auf ihrem Debütalbum mit demselben nebensächlichen Titel nun die Hauptsache ist, das wiederum ist eine andere Frage. Zubeyda Muzeyyen und Camae Ayewa beantworten sie mit einem Album, das sich viel weniger noch als das Debüt-Tape ihres gemeinsamen Projekts aus dem Jahr 2018 auf Hip-Hop stützt und eher die mutierten Club-Sounds von DJ Harams Schaffen als Solo-Künstlerin zur Grundlage für Moor Mothers gleichermaßen nonchalant wie verbissen herunter geleierten Punchlines hernimmt. Es ist ein Ansatz, der experimentellen Rap gleichermaßen von links vorne vor der DJ-Booth und doch komplett aus dem Leftfield denkt. Die Palette wird jedoch neben zirkulären Darbuka-Grooves, Subbass-Ohrfeigen, Zischel-Hi-Hats, straighten Techno-Beats und – hey, ist ja ein Album – ruhigeren Interludes noch um Beiträge von unter anderem Lawfandah, Muqata’a oder Ali Logout erweitert. Die thematische Bandbreite ist ebenso vielschichtig wie -seitig, politisch aufgeladene Rhymes und surrealer Humor reiben sich aneinander. Um John Cage zu paraphrasieren: They have nothing to declare and they are declaring it and that is poetry as they need it. Und das ist dann auch die Hauptsache an dieser überragenden Platte.