In der Nacht fühlen nur Schwellentanzende. Solche, die den Rausch umarmen, sich im Exzess verlieren, das Morgen im Moment finden. Carmen Villain, die norwegisch-mexikanische Musikerin in Oslo, ist so eine, die über Schatten der Nacht balanciert. Drei Alben für Smalltown Supersound und ein Tape für Geographic North hat sie produziert. Es sind allesamt Fallstudien für die Diplomarbeit zur Deep-Listening-Dröhnung – ein New-Age-Kosmos zwischen Astral Spirits, Laurel Halo-Exegese und Silicon Valley-Gurus, die unter Zitronenbäumen YouTube-Yoga zocken. Carmen Villain spült Field Recordings unter Klarinettenkoks, beflügelt den Ornitologenkongress und knotet Pianomelodien zu Traumfängern, von denen sich schon ganz andere Engerln verführen ließen. Der Vibe zeigt auf die Couch, die Augen fallen zu. Das ist Kopfmusik für Menschen, die im Kopf leben. »Only Love From Now On«, ihre vierte Platte für Smalltown, bespielt jene Villain-Presets, die man vergöttert oder verschmäht. »Gestures«, das sie mit dem Trompeter Arve Henriksen aufnahm, trommelt sich ins Nirwana, »Liminal Space« stapelt im Dub statt Kicks nur Steine. Dafür prescht »Subtle Bodies« mit der Aufgeräumtheit einer Folge Marie Kondo voran, lässt sich von »Silueta« – einem Flötenfiasko in John Also Bennettschem Ausmaß – aber locker einholen. Wer sich schon länger keinen Trip mehr eingeschmissen hat, haut sich Carmen Villain auf die Ohren. Was für eine Welt.
Only Love From Now On