Review

Christina Vantzou

No.5

Kranky • 2022

Im Bereich des experimentellen Ambient liefert Christina Vantzou mit ihrem sechsten Album zuverlässig den Soundtrack eines imaginären A24-Horrorfilms. Abstrakt emotional und emotional abstrakt umwickeln die kargen Melodien wie in »Kimona I« einen nicht zu greifenden Raum. Wo sich andere Entwürfe des Genres komplett in die Innerlichkeit zurückziehen, dekonstruiert Vantzou ihre Umgebung, Stimmen und Instrumente. »Greeting« zieht wie die Nacht hinter einer kalten Fensterschreibe vorbei, Worte erscheinen nur verzerrt, jeder Bedeutung entkernt. »No. 5« mutet wie ein altes Haus an, in dem schon seit Jahren niemand mehr lebt. Mal tauchen Field Recordings auf, mal darf ein Klavier eine Melodie ausführen, aber schlussendlich prägt »No. 5« das Gefühl des Alleinseins. (Nicht Einsamkeit!) Vantzou, die schon mit John Also Bennett und Adam Wiltzie zusammenarbeitete, weiß genau, wo sie welchen Punkt in ihrem Sound anstößt, wie sich Strukturen verschieben lassen. In »Red Eel Dream« verarbeitet die in Kansas City geborene und heute in Belgien lebende Künstlerin Harfe und Field Recordings, und lässt am Ende mit ein paar Synthesizer in apokalyptischen Farben alles ausklingen. Was eben den Unterschied zum Rest des Genres ausmacht: Christina Vantzou gehört zu den Künstlern, die Ambivalenz schaffen. Ihr Sound gibt keine Antworten, schafft vielmehr klaustrophobische Räume wie unendliche Freiheit. Alles in monochromen Farben und weichem Kontrast. Ein Albtraum, der mehr mit uns selbst als mit Gespenstern zu schaffen hat.