Erst am Ende, als es in leichtem Galopp noch durch rumpelnd gähnende Abgründe geht, dippt die mystische Erhabenheit von »The Loud Silence« noch ins Dunkle. Was von Donato Dozzys zweitem Soloalbum aber im Gedächtnis bleibt, ist der tiefe Frieden, den es ausstrahlt, ein Gefühl des Einklangs mit der Natur, an dem jeder Anflug von Düsternis abprallt. Wie schon in seiner Zusammenarbeit mit der Sängerin Anna Caragnano faltet Dozzy im elektronischen Studio hier den Klang eines Einzelinstruments in den Raum auf; nun ist es die Mundorgel, die er klangarchitektonischer Veredelung unterzieht und deren Ursprünglichkeit und Tradition er zugleich nachspürt. Aufnahmen unter anderem in den Bergen oder am Mittelmeerufer durchlaufen Filter, Hall und Echo, entwickeln mitunter hyperreale Schärfe und Intensität. Die freie Formung des obertonreichen Grundklangs, dazu die Linearität des Spiels, zu der sie einlädt, macht die Mundorgel zu einem archaischen Trance-Instrument, das nicht umsonst in Italien auch »scacciapensieri« genannt wird: »Kick-weg-die-Gedanken«. In Dozzys durchgehend ambientem Fokus aufs Hypnotische ähneln sich einige Stücke so sehr, dass man Gefahr läuft, das Album schon als Proof of Concept abzuhaken. Dass das nicht geschieht, verdankt sich besonderer Meisterschaft des Klangsinnlichen. Der atmende Puls, der in »Downhill to the Sea« seinen Wellenschweif quer über den Horizont zieht, die Art wie er »Cross Panorama« auf Händen davonzutragen scheint, alles wird dadurch zu purem Gefühl der Bewegung in und durch Raum. Donato Dozzys Kunst wird man nirgendwo sonst in so bestechender Klarheit zu hören bekommen.
The Loud Silence