John Chantler mag Orgel-Drones. Von seiner Londoner Wahlheimat aus leitet der Australier seit einigen Jahren ein einschlägiges Harmonium-Oktett, zu dessen Mitgliedern auch Room40-Chef Lawrence English, Sebastien Roux oder Alexander Tucker zählen. Auf seinem letzten Album »The Luminous Ground« vor drei Jahren stellte er allerdings den Modularsynth als sein Hauptinstrument vor, und sein neues führt dessen angerauhten Sound so nahtlos fort, dass man nur Sekunden braucht, um es als solches zu erkennen. Chantler begnügt sich nicht damit, sein Instrument als nonlineare Chaosmaschine mit Hipnessfaktor und zweifelhafter Unverwechselbarkeit zu verstehen. Dafür ist sein Soundideal viel zu bestimmend. Es geht auch anders, und so kann man vielleicht den Albumtitel verstehen: Musik zur Entstehung zu bringen und dabei die Hände vom Keyboard zu lassen. Vielleicht muss man ursprünglich Schlagzeuger sein, um so an den Orgelklang heranzugehen. Das erste, zweiteilige Stück greift wie gesagt den Vorgänger auf: ein pulsweitenmodulierender Opener, der an beste Momente von Nerve Net Noise erinnert, dann überkreuz verzerrte, zwirblig geflochtene Klangbänder in labeltypischem Wolkenfieber, mündend in einer Waldlichtung voll oszillierend trällernder Flöten- und Pfeifregister. Alles in einem melodisch-tonalen Kontinuum, das den oft rohen Klängen aggressive Schärfe nimmt, aber die Kraft lässt. Umseitig ein klassisches, flirriges Orgeldrone-Bad, dessen Ausfasern in Sirren und Knarzen schließlich einen Guiro-Tauchgang hinlegt. Jedes der Stücke hat seinen wohldefinierten Charakter (was wohl auch den wechselnden Studios geschuldet ist, darunter das Stockholmer EMS, dessen Buchla- und Serge-Systeme hier zu Gehör kommen), und somit eine gewisse klangräumliche Statik, für deren farbliche Feinvariation die Patch-Architektur sorgen darf, nicht für wilde Überraschungen. Geht das wirklich so lebendig und sensibel aus, ohne dass man Hand anlegen muss? Nicht mal eine saubere? Natürlich nicht. Aber saubere Ohren sind viel wichtiger.
Even Clean Hands Damage The Work