Piry Reis – nicht zu verwechseln mit Piri Reis, einem osmanischen Seefahrer und Entdecker, der mit seiner verblüffend genauen Weltkarte von 1513, freilich ohne es zu wissen, Forscherinnen vor Rätsel stellte und für Schwurblerinnen den feuchten Traum von Neuschwabenland am Leben erhält – ist ein brasilianischer Weltmusiker. Ein Label, das heutzutage üblicherweise als veritable Beleidigung durchgeht. Zu beliebig, schlicht kitschig klingt das gesunkene Kulturgut für selbsternannte Heads, zu präsent ist diese Bastardisierung authentischer Musiken in den Mehrzweckhallen der Bundesrepublik und als Pappaufsteller an ihren Laternenpfahlen. 1980, als Piry Reis‘ selbstbetitelter Zweitling erschien, verhielt sich das anders. Die 68er waren zwar lang vorbei, zwölf Jahre, um genau zu sein, qualmdurchzogene Student*innenbuden gab es aber in den Achtzigern – wie heute – auch. Diese dürften nur eines der natürlichen Habitate dieser wunderbar sorglosen, in die unendliche Ferne schweifenden Musik sein, deren portugiesische Texte sich ohnehin nicht erschließen lassen. Die Botschaft bleibt also auf melodischer und gesanglicher Ebene zu suchen; und da gibt es wenig zu mäkeln: Reis‘ emotionale Verse schmiegen sich hervorragend an die akustische Lo-Fi-Instrumentierung, die manchmal orientalische Nuancen aufweist und definitiv zu mehr zu gebrauchen ist als schlechten Trips in der WG-Küche. Wer einen der acht Songs dieses Reissues in einem Cooking-With-Palms-Trax-Set findet, darf sich etwas auf sich einbilden – und sich gleichzeitig bestätigt fühlen.
Piry Reis