Review Jazz

World’s Experience Orchestra

The Beginning Of A New Birth/As Time Flows On

Now-Again Reserve • 2016

Das exklusive Abonnement-Programm »Now-Again Reserve« zieht trotz oder gerade wegen des stolzen Preises alle Register: qualitativ hochwertige Pressungen der Remasters von Dave Cooley, sowie sehr ausführliche Beilegerhefte. Ausgabe Nummer Zwei des Abos liefert zudem gleich zwei Alben: World’s Experience Orchestras intensive Suiten zu »The Beginning Of A New Birth« von 1975 und die Live-Aufnahmen von »As Time Flows On«, veröffentlicht 1980. Beide Platten erreichen auf Sammlerbörsen im Originalzustand einen oberen vierstelligen Wert. Für das Debütalbum versammelte Komponist, Bassist und Bandleader John Jamyll Jones ein 18-köpfiges Orchester. Entsprechend episch klingt die 25-minütige A-Seite vor der knapp 15-minütigen B-Seite. In »The Beginning Of A New Birth« kulminieren tiefe Gedankenexperimente an das Wunder der Geburt und Reinkarnation in spirituellem Free Jazz. Einem schamanischen Katharsis-Tanz gleich, bewegen sich Ornette Coleman Zitate im Rausch wie um ein offenes Feuer. Musikalische Selbstreinigung, als auch Findung wird hier auf subtile Weise erfahrbar, zumindest aber nachvollziehbar, ohne die Zeit im Lotussitz zu verbringen. Das ewige Spiel, auf ekstatische Klimaxe hinzuackern, scheint trotz der Längen nicht lang genug. Psychedelische Dissonanzen sind behutsam ausgespart, deshalb bleiben die Suiten schön tight. Zudem finden sich auf »As Time Flows On« wesentlich kürzere, leicht zugänglichere Stücke, auch weil die Besetzung mit sechs Akteuren reduzierter aber nicht weniger kraftvoll wirkt. In den Stücken vom 2.2.1977 wechseln sich angenehmer Soul Jazz und Spoken Word Poetry genüßlich ab. Larry Roland, der zuvor ausschließlich an den Congas spielte, tritt dabei für zwei Takes in bester Gil-Scott Heron-Manier in den Vordergrund. Spielerisch schafft es das Ensemble, sperrige Improvisationen eindrucksvoll in pointierte Strukturen zu fassen.