Review

Cat Power

Wanderer

Domino • 2018

Chan Marshall kämpfte – gegen den Alkohol, gegen ihre Dämonen. Das Dasein ein stetes Ringen um Halt und Haltung. Mit 46 Jahren veröffentlicht die US-Songwriterin ihr zehntes Album als Cat Power. Dessen Botschaft: Der Kampf ist vorüber. Denn auf ihren letzten Platten klang Marshall nie so ausgeglichen, so ruhig und so beruhigend wie auf »Wanderer«, obwohl es ja um Bewegung geht, um den Künstler als Getriebenen. Und überhaupt: Die Melancholie bleibt wichtigster Bestandteil ihres Sounds. »You’re on the horizon | I’m on my way | You’re on the horizon | I’m headed the other way«, singt Cat Power in »Horizon«, zeichnet mit wenigen Worten ein fragiles Familienbild. Musikalisch bleibt es ebenfalls das Reduzierte, das dieses Album ausmacht, oftmals tragen die Songs nur Marshalls Gitarre, eine kurze Melodie aus einem Piano und ein paar vorsichtige Takte eines Schlagzeugs. In »In Your Face« beschwört sie so Bedrohliches, in »Nothing Really Matters« so Heimeliges. »Woman« gerät so mit Lana Del Rey als Feature zur befreienden Hymne, die aber keine Hymne sein mag. Das Spröde trägt Marshall hier weiterhin so consequent wie selbstsicher vor: »I’m a woman of my word or haven’t you heard | My word is the only thing I’ve ever needed.« Wer will kann dies als Abrechnung mit ihrem früheren Label Matador verstehen, das »Wanderer« für eine Veröffentlichung abgelehnt haben soll. Dabei dürfte Cat Power bislang nie so sehr zu sich gefunden haben, wie auf diesem Album. Daneben gibt es mit »Stay« das obligatorische Cover, das Original von Rihanna lässt sich in dieser feinen Version kaum wiedererkennen, der Kern des Songs kommt viel stärker hervor. Und da taucht sie wieder auf, die Bewegung: »Something in the way you move makes me feel like I can’t live without you.« Es geht eben immer weiter. Selbst wenn die eigenen Dämonen längst verschwunden sind. Eine Herausforderung bleibt das Dasein weiterhin. Bis zum nächsten Schritt nach vorne.