Der Vorrat an vergessenen Alben, die es verdient haben, wieder gehört zu werden, scheint unerschöpflich zu sein. Das Berliner Label Altercat hat sich auf die Wiederveröffentlichung von vergessenen musikalischen Schätzen spezialisiert und bringt jetzt ein Spiritual-Jazz-Album heraus, das wahrscheinlich zu einem Klassiker des Genres geworden wäre, wenn es nur irgendjemand außerhalb Südamerikas registriert hätte. Der in Kairo geborene Saxophonist Ara Tokatlian, Mitglied der argentinischen Prog-Rock-Band Arco Iris, hat sich auf »Inspiración« mit dem argentinischen Pianisten Enrique »Mono« Villegas zusammengetan, sein Bandkollege Guillermo Bordarampé, spielt Bass und Percussion. Die Versuchsanordnung erinnert ein wenig an die des Albums »Money Jungle«, auf dem die jungen Wilden Charles Mingus und Max Roach den Traditionalisten Duke Ellington herausforderten, in die musikalische Gegenwart des Jahres 1962 zu kommen. Bei den Aufnahmen zu »Inspiración« 1975 war Takatlian 23 Jahre alt, Villegas bereits 62. Die beiden Musiker, die zwei Generationen trennt, spielen so, als wäre der Spiritual Jazz in Südamerika erfunden worden. Wie sich in »Camino a Samarkanda« Tenorsaxophon, die perlenden Pianotöne und die Percussion permanent umkreisen und auf einen Höhepunkt zusteuern, der dann nicht eintritt, das ist beste Pharoah-Sanders-Schule. Und das mysteriöse »A la Sombra de los Dorados Budas«, das um Tokatlians Flötenspiel aufgebaut ist, wäre gut auf John Coltranes letztem Album »Expression« aufgehobe
Inspiracion