Review

Jorge López Ruiz

Coraje Buenos Aires

Altercat • 1973

Was ist die Aufgabe von Musiker:innen angesichts von Unterdrückung? Letztes Jahr durfte ich »Un Hombre de Buenos Aires« von Jorge López Ruiz rezensieren. Der argentinische Jazz-Arrangeur stimmte 1978 zum Loblied auf seine Heimat an – aus dem Exil. Die Militärdiktatur schien es nötig zu machen, diese zu bejahen, durchzuhalten, auf den Möglichkeiten eines besseren Lebens zu beharren. Den Mut dafür hat López Ruiz vielleicht mit »Coraje Buenos Aires« gefasst. Drei Jahre vor dem Putsch durch die Junta klagten Lopez Ruiz und Autor José Tcherkaski ihre Verbrechen an. Ihre Rüge ist dramatisch. Die Texte werden wie auf einer Theaterbühne vorgetragen. In antiker Tradition begleitet sie ein Chor.

Wie später auf »Un Hombre de Buenos Aires« setzt Lopez Ruiz ihn wie ein Instrument ein. Doch hier dient die Lautmalerei des Sextetts dem Entwerfen einer Szene, nicht dem Schaffen einer Atmosphäre. Mal ist sie verspielt, mal dissonant. Dies begleitet ein wiederum sechsköpfiges Ensemble. Es lädt zum Bossa Nova, betört mit Smooth Jazz und schlägt in improvisierte Freak-Outs um. »Coraje Buenos Aires« ist ständig in Bewegung, wie die namensgebende Stadt. Ähnlich organisch ist der Mix: dynamisch, wenngleich sehr leise. Lopez Ruiz hat das Album nie veröffentlich. Dass Altercat die lange als verschollen geltenden Tapes nun veröffentlicht, kommt einem Glücksgriff gleich. Denn das Engagement von Jorge Lopez Ruiz kann allen einen Lichtblick bieten, die sich mit Gewaltspiralen konfrontiert sehen.