Review

Beirut

Gallipoli

4AD • 2019

Passend zum vagabundierenden Lebensstil von Zach Condon funktioniert die Musik seiner Band Beirut besonders gut, wenn man selbst unterwegs ist. Sie vermag es je nach Song (»Gibraltar« oder »Brandenburg«, »Perth« oder »Bratislava«), fremden Ländern eine Extra-Prise (vielleicht etwas verklärte) Exotik zu verleihen oder die nebelgraue Landschaft jenseits des Zugfensters verwunschen und romantisch erscheinen zu lassen. Auch das fünfte Album von Beirut passt besonders gut in dieses Dazwischen, zum Weg als Ziel. Condon selbst ist mittlerweile in Berlin angekommen. Hier als auch in New York und nahe der titelgebenden süditalienischen Kleinstadt entstand »Gallipoli« dessen Dutzend neuer Songs nach dem eher mauen »No No No« als eine Rückkehr zur alten Form bezeichnet werden kann. Statt auf Balkan-Folk und Chanson-Tradition besinnt er sich nun auf die eigene Stärke als Songwriter und erweitert gleichzeitig seine musikalische Palette. Natürlich sind die altbekannten Bläsersätze eingebettet in melancholischen Indie-Folk nach wie vor tonangebend. Aber etwa mit den verwaschenen Synths im Instrumental »On Mainau Island« (ja, Condon war offensichtlich kürzlich auch mal am Bodensee) wagt er sich doch etwas mehr aus der Deckung als gewöhnlich. Und auf »Varieties of Exile« oder »Gauze für Zah« gelingt es ihm zusammen mit Stammpersonal Gabe Wax, Nick Petree und Paul Collins, langsam aufbauende majestätische, ja barocke Momente mit seiner ureigenen Vintage/Lo-Fi-Ästhetik zu vermählen. Dabei hört man stets die Lust am musikalischen Ausdruck und die fast kindliche Experimentierfreude – und genau das macht die gewollt etwas angestaubte Patina des Beirut-Sounds auch weiterhin so interessant. Also, Kopfhörer auf und rein in den Flixbus oder den Billigflieger!