Das mit dem Eigenen und dem Fremden ist ja so eine Sache. Bei einer Platte mit »ghanaischem Afro-Rock« denkt man erst einmal nicht an Berliner Musiker. So wie man bei K-Pop ja auch nicht gleich denken würde, dass die Musik von schwedischen Produzenten geschrieben ist. Das Album »Karl Hector Presents: Johnny!« klingt zunächst denn auch ziemlich nach Musik aus Ghana der Siebziger, allerdings mit ungewöhnlich dominanter verzerrt rockender Gitarre. Die stammt vom Produzenten Jan Weissenfeldt, der wie sein Bruder, der Schlagzeuger Max Weissenfeldt, an einem regen europäisch-afrikanischen kulturellen Austausch beteiligt ist. Im Zentrum stehen bei Karl Hector aber der Gesang von Henry Taylor, Sohn der ghanaischen Highlife-Legende Ebo Taylor, und von Eric Owusu, der unter anderem als Perkussionist bei Ebo Taylor und Pat Thomas spielt. Ihre Stimmen vermischen sich auf dem Album neben der Gitarre von Weissenfeldt mit dem Bass des in Berlin lebenden Bassisten Tomi Simatupang und dem Schlagzeug von Bernd Oezsevim, der etwa mit Onom Agemo & the Disco Jumpers sein eigenes Berliner Afrobeat-Projekt verfolgt. Früher hätte man gesagt: Da versuchen sich Europäer an afrikanischen Vorbildern. Doch die Sache stimmt so ja schon mal nicht, denn dieses Projekt ist einerseits klar transkontinental, andererseits so überzeugend gespielt, dass sich die Frage nach Original und Kopie nicht groß stellt.
Karl Hector Presents: Johnny!