Review

Kobosil

We Grow, You Decline

Ostgut Ton • 2016

Alle Wege führen nach Berlin. Zumindest was Techno in Europa angeht. Mit der Masse an jungen, aufstrebenden Talenten, an deren Spitze sich aktuell Künstler wie Rødhåd, Alex Do oder eben Kobosil austoben, beweist die Stadt einmal mehr, das hier ordentliche Nachwuchsarbeit geleistet wird. Dennoch ist es der Neuköllner mit der Bomberjacke, der sich zuerst von dem von 12inches bestimmten Kosmos der Clubmusik an das noch immer hervorstechende Langspielformat wagt. Und eines vor weg: Das Ergebnis kann sich durchaus hören lassen. Die Emanzipation von Tanzflächentauglichkeit und 4/4-Kickdrum wirkt dabei für Kobosil wie eine unbeschriebene Blaupause die es nach gut dünken zu gestalten gilt. Eine Spielwiese der Improvisation und des Ausprobierens hält für Stücke wie »Reflection« oder »The Exploring Mountain« ausreichend Raum bereit, um fernab romantisierter B-Seiten-Theatralik das beinahe zum Leitmotiv stilisierte Momentum des schleppenden Grooves zum zentralen Stützpfeiler zu erklären. Kobosil setzt damit ein für sich formuliertes Credo um, als Produzent elektronischer Musik wahrgenommen und nicht nur über den Terminus »Techno« definiert zu werden. Anstatt vollkommen neue Standpunkte zu präsentieren, ist »We Grow, You Decline« eher eine Ergänzung seines bisherigen musikalischen Fundus. Eine Umschichtung und Neustrukturierung, um bislang zu kurz gekommene Facetten einmal stärker hervorzuheben. Musique Concrète, Electronic Body Music, zeitgemäßer Techno und Industrial Flair werden dabei zu einem in sich schlüssigen Gesamtwerk rezipiert. Experimente mit Drone und Noise, dumpfe Doepfer Bässe und die ekstatische, mal melancholische Wandelbarkeit von Stimmungslagen durch repetitive Melodiebögen unterstreichen das.